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Freitag, 15. Juli 2016

Speichertechnologie schafft Voraussetzungen für IoT Innovation? Expertengespräch mit Remo Rossi von NetApp

Speicher ist Commodity, möchte man meinen. In Zeiten der Digitalisierung könnte sich das ändern. Welche Auswirkungen hat die Flash-Speichertechnologie auf den Erfolg neuer Geschäftsmodelle? Was brauchen Unternehmen um auf Basis des Internet of Things effizienter zu arbeiten oder sogar neue Geschäftsmodelle zu entwickeln? Anlässlich unserer Kooperation beim 5. Swiss CIO SUMMIT haben wir mit Remo Rossi von NetApp darüber gesprochen welche Bedeutung Flash für Innovation ist und wie weit der Schweizer Markt fit für IoT ist.

Wie weit sind Schweizer Unternehmen tatsächlich beim Umsetzen von IoT und IoT Geschäftsmodellen?
Wenn man mit Schweizer CIO’s spricht, ist IoT weit oben auf deren Agenda. Von daher ja, Firmen versuchen ihre Prozesse mit IoT zu optimieren oder erschliessen für ihr Unternehmen neue Möglichkeiten und Services damit.

Welche Potenziale bietet IoT zukünftig?
Unternehmen stehen vor der Herausforderung ihre Produkte und Dienstleistungen den Marktanforderungen anzupassen. Auch etablierte Geschäftsmodelle müssen hinterfragt werden. Mithilfe neuester digitaler Technologien können komplett neue Geschäftsbereiche gestartet werden. Mit IoT können z.B. Herstellungs- und Logistikprozesse optimiert werden. So werden beispielsweise Einsätze mit dem Fahrzeugpark effizienter planbar. Andererseits können Qualitätssteigerungen durch frühzeitige Erkennung von Produktionsfehler, erreicht werden. Nicht zuletzt können basierend auf den Daten, die durch IoT überhaupt erst zur Verfügung stehen, neue Services geschaffen werden. So wird z.B. der Garage vom Autohersteller gemeldet, dass er ihr Fahrzeug zur Wartung aufbieten sollte.

Welche Herausforderungen kommen damit auf die interne IT zu? Wo gibt es Handlungsfelder?
Eine der Herausforderungen heisst „Datenmanagement“. Unternehmensdaten sind zu einem wettbewerbsentscheidenden Faktor geworden. Je besser ein Unternehmen den Mehrwert seiner Daten nutzt, desto besser gelingt es, sich durch einen herausragenden Kundenservice oder ein hoch individualisiertes Produkt vom Mitbewerb abzuheben. Alle wichtigen Entscheidungen die das Management trifft, basieren auf diesen Unternehmensdaten. Um die Anforderung zu erfüllen, ein Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen und die Datensicherheit zu gewährleisten, ist ein organisationsweites Datenmanagement unerlässlich. Erst mit einem organisationsweiten Konzept für das Datenmanagement gelingt es, die Datenverfügbarkeit durch alle Etagen sicherzustellen. Dies wird aber nicht alleine durch die IT sichergestellt. Auch die Fachabteilungen müssen miteinbezogen werden, da betriebswirtschaftliche Prozesse und IT-Technologien zusammenkommen und –spielen müssen.

Zudem hat die IT immer mehr zusätzliche Systeme zu betreiben. Werden diese auf neuen Plattformen aufgebaut, ergeben sich für die IT Mehraufwände, die mit den stagnierenden Budgets schlecht vereinbar sind. Entsprechend sind universell einsetzbare und homogene Systeme wünschenswert und für den Erfolg der IT unerlässlich.
Was sind die wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg von IoT Vorhaben?

-          Hohe Datenverfügbarkeit
-          Ein organisationsweites Datenmanagement in einer zentralen Wissendatenbank mit aktuellen Daten zur Analyse und Wahl des richtigen Use-Case für das Unternehmen
-          klar definierte Ziele und den zu erwartenden Nutzen für das Unternehmen
-          flexibel anpassbare und skallierbare IT Lösungen.

Möglicherweise möchte man zuerst im kleinen Stil ein proof-of-concept aufsetzen. Da bietet sich eine Cloudlösung an, die später ins lokale Datencenter verschoben werden kann.
Welche technologischen Trends sind in diesem Zusammenhang wichtig?

Aus Storagesicht gibt es hier sicherlich 2 Trends. Der eine ist der Preiszerfall von SSDs. Es ist mittlerweile am günstigsten und einfachsten auf eine reine SSD Lösung zu setzen. Das mühselige und ressourcenintensive Tiering entfällt komplett. Der andere sind Hybrid Cloud Lösungen, die bei Projekten mit unklaren Ausgang grosse Kosteneinsparungspotentiale mit sich bringen.
Wichtig sind leistungsfähige Serversysteme und Datenspeicher im Rechenzentrum, die rund um die Uhr verfügbar sind.
Damit die digitale Transformation gelingt, nutzen viele CIO’s bereits die schnelle Flash-Speicher-Technologie zur Optimierung der IT-Infrastruktur, um ihre Daten deutlich effizienter zu speichern und schneller verarbeiten zu können. Flash ersetzt im Rechenzentrum die energiefressenden und weniger leistungsfähigen Festplatten. Da Flashspeicher im Gegensatz zu Festplatten über keine beweglichen Teile verfügen – hier werden die Daten rein elektronisch auf Chips gespeichert – sinken die zum IT-Betrieb erforderlichen Kosten für Energie und Kühlung ganz erheblich. Mit Flash verringert sich der Stromverbrauch um bis zu 80% und den Lesezugriffen erfolgen bis zu 100x schneller.

Der Confare Swiss CIO AWARD wird am 22. September in Zürich im Rahmen des SWISS CIO SUMMIT verliehen. Anmeldung und Details auf www.ciosummit.ch
Einreichungen zum SWISS CIO AWARD sind bis zum 31. Juli möglich auf www.cioaward.ch

Donnerstag, 14. Juli 2016

Der österreichische Mittelstand darf die Digitalisierung nicht verschlafen – Expertengespräch: Was Mobility, Big Data und IoT für österreichische KMUs bedeutet.

Michael Sander ist als Geschäftsführer von proALPHA Software Austria federführend an zahlreichen Digitalisierungsinitiativen bei österreichischen Industrieunternehmen beteiligt. Im Bloginterview anlässlich des 9. Confare ERP Infotages über die Auswirkungen der Digitalisierung auf KMUs und die österreichische Industrie und wie Softwareanbieter vom Wandel betroffen sind.

Ist der industrielle Mittelstand vom Digitalisierungstrend betroffen?

Ja, auch der industrielle Mittelstand kann sich nicht vor den aktuellsten Trends verschließen. Themen wie Industrie 4.0, das Internet der Dinge, Mobility und Big Data sind längst Realität. Es ist wichtig für Unternehmen, stets informiert zu sein, ansonsten versäumt der Mittelstand den Anschluss! Nur wer weiß, wie eine zukunftsfähige Lösung aussehen könnte, trifft die richtige Entscheidung. Ein gutes Bespiel für die Umsetzung des Zukunftstrends Industrie 4.0 ist die Schwering & Hasse Elektrodraht GmbH.  Das Unternehmen produziert Kupferlackdraht, hauptsächlich für Motoren- und Transformatorenhersteller. Aufgrund der hohen Produktionsgeschwindigkeit konnte nur 1% der produzierten Mengen durch Maschinenbediener geprüft werden. Heute steht der Fertigungsprozess – durch Vernetzung der Produktionsmaschinen mit dem ERP-System von proALPHA – unter permanenter Überwachung. Die ständige Analyse erlaubt es dem Unternehmen, bei Abweichungen sofort einzugreifen, was die Ausschussquote spürbar reduziert und dem Unternehmen eine deutlich höhere Wertschöpfung beschert.

Mit welchen Trends müssen sich Ihre Kunden befassen?

Wie schon angesprochen, ist im Moment Industrie 4.0 ein großes Thema. Dabei geht es um die Vernetzung von Produktion, Internet und IT-Systemen. In der smarten Fabrik kommunizieren die Maschinen miteinander. Das bringt viele Vorteile wie sinkende Produktionskosten und höhere Produktionsqualität. Natürlich gibt es initiale Hürden wie Investitionskosten und unzureichende Qualifikationen der Mitarbeiter, aber im Endeffekt ist eine Umstellung auf Industrie 4.0 auch für den Mittelstand leistbar und notwendig.
Ein weiterer technologischer Trend ist der Wunsch nach mobilen Anwendungen. Eine Verknüpfung der ERP-Systeme mit den mobilen Endgeräten ist auf jeden Falls sinnvoll, dennoch lassen sich maßgeschneiderte Prozesse nicht in einer Standard-App abbilden.
Inzwischen ist auch im Bewusstsein der meisten mittelständischen Unternehmen angekommen, wie hoch die Bedeutung hochwertiger Daten für den Unternehmenserfolg ist. Hier kann das ERP-System als informationstechnisches Rückgrat des Unternehmens hilfreich sein, die Datenqualität zu erhöhen. Gerade bei der Neueinführung einer ERP-Lösung bietet sich an, die Grundvoraussetzungen für Clean Data zu schaffen. Die letztlich überschaubaren Investitionen in eine hohe Datenqualität amortisieren sich im Handumdrehen.

Welche Anforderungen ergeben sich daraus an die Enterprise Software?

Alle diese Entwicklungen führen auch zu hohen Anforderungen an die ERP-Systeme. Einerseits ist die ERP-Software die Datendrehscheibe und das Haupttor für Smart Data. Andererseits muss die Integrationsfähigkeit inner- und überbetrieblicher Prozessketten gegeben sein. Die effiziente Prozesssteuerung durch das ERP-System erstreckt sich somit oft auch über Firmengrenzen hinweg. Insbesondere produzierende Unternehmen beziehen Waren und Dienstleistungen von Tochterfirmen und externen Unternehmen. Eine gute ERP-Software zeichnet sich durch die Integrationsfähigkeit mit anderen Anwendungen und Datenbanken im eigenen Unternehmen, sowie mit Systemen von Partnerfirmen und Kunden, aus.

Welche Entwicklungen bestimmen den ERP Markt? Welche Differenzierungsmöglichkeit haben Anbieter?

Die oben genannten Entwicklungen haben einen starken Einfluss auf die ERP-Systeme. Natürlich liegt es auch in der Hand der ERP-Hersteller ihre Innovationskraft zu zeigen. Wir von proALPHA sind in der Forschung aktiv und engagieren uns unter anderem im Software Cluster oder am deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz (DFKI). Gemeinsam mit der Technologie-Initiative smartFactoryKL, einer herstellerunabhängigen Demonstrations- und Forschungsplattform, ist es unser Ziel, künftige Entwicklung von Industrie 4.0 mitzugestalten. Es geht also nicht nur darum, Trends zu erkennen, sondern die technologische Zukunft aktiv anzutreiben, um einen Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen. Eine gute ERP-Software muss Themen wie Integration der Systeme, Clean Data und Mobility beherrschen. proALPHA bietet dieses breite Funktionsspektrum, mit dem sämtliche Prozesse entlang der Wertschöpfungskette gesteuert werden.

Der Confare ERP-Infotag ist jährlicher Treffpunkt für ERP Entscheider, mit zahlreichen aktuellen Umsetzungs- und Erfahrungsberichten. Die führenden Anbieter zeigen die Potenziale Ihrer Lösungen und Integratoren präsentieren ihre Branchenerfahrung. In Zusammenarbeit mit SAP bietet Confare im Rahmen der Veranstaltung ein Digital Business Assessment - Anmeldung und Details: www.erp-infotag.at

Freitag, 13. Mai 2016

#Digitalize 2016 - Kundennutzen ist der wichtigste Faktor für den Erfolg von IoT Geschäftsmodellen

Jürgen Weiss unterstützt mit seinen DigitizedRebels Unternehmen beim Erfinden und Umsetzen neuer Geschäftsmodelle auf Basis von IoT und Industrie 4.0 Technologien. Anlässlich seines Vortrages bei der Confare Konferenz #Digitalize 2016 - Get Digital, Get Creative haben wir ihn gefragt, was die Erfolgsfaktoren und Perspektiven für österreichische Unternehmen sind.
Wie weit ist IoT bereits Realität?

In Bezug auf Österreich haben wir vereinzelt "Hidden Champions“ die sich bereits längere Zeit mit IOT, Sensoren und den digitalen Services auseinandersetzen. Es gibt auch vereinzelt bereits Projekte die erfolgreich umgesetzt wurden. Dennoch haben wir in Österreich einen sehr großen Aufholbedarf, da es vereinzelt am Praxiswissen und an den möglichen Ideen zu einem neuen Geschäftsmodell fehlt. Vergleichen wir mit anderen Ländern, sind wir wie immer einiges unserer Zeit hinterher.
Welche Auswirkungen gibt es auf etablierte Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle?
Direkte Auswirkungen bahnen sich gerade an, allem voraus im Automotiv, aber auch in der klassischen Industrie (Machine2Machine Communiciation). Neue Technologien ermöglichen eine schnellere Änderung eines Geschäftsmodells, dazu gehört aber der Mut zum Risiko. Das Internet of Things hat bereits die Energieversorger wachgerüttelt, hier gibt es sehr viele interessante und spannende Möglichkeiten.

Wie sehen die Perspektiven für Industrieunternehmen aus?
In Industrieunternehmen profitiert man in erster Linie von der Datenqualität die durch Sensoren und Services erzeugt werden. Diese richtig einzusetzen ist für viele Unternehmen noch immer eine sehr große Herausforderung, allerdings würden sich daraus sehr viele Möglichkeiten zur Optimierung div. Prozesse ergeben.

Was ist zu beachten, wenn man IoT Geschäftsmodelle entwickelt?
Das wichtigste ist der KUNDENNUTZEN, darauf wir gerne vergessen! Wir müssen viel mehr darauf achten, das Ideen eines jeden Mitarbeiters gefördert, diskutiert und im allerbesten Fall getestet werden. Mein Motto hier: Quick & Dirty -  das heisst, keine großartigen Prozesse und Strukturen aufzuziehen, sondern die Möglichkeit zu finden die Ideen gleich zu testen.  Besser übersetzt => Rapid Deployment Prototyping binnen 2-3 Wochen, mit geringen Kosten verbunden aber sehr effektiv und richtungsweisend.
Deshalb empfehlen wir laufend Partnermodelle anzuwenden, zb. Hardware Designer/Entwickler, Software Developer, IOT Plattformen, Innovations-/ und Produktmanager.

Was sind die größten Hemmschwellen und wie kann man sie überwinden?
Es gibt heute keine Hemmschwellen mehr! Die alten Organisationen und Strukturen sind die Steine die noch im Weg liegen, aber diese werden immer kleiner.  IOT Security & Datenschutz wird oft als „Ausrede“ verwendet, auch hier gibt es bereits viel Erfahrung, hohe Standards und sehr gute Konzepte.
Als großen Treiber in den Unternehmen sehe ich nicht die IT – der Treiber MUSS der Vorstand/ CEO sein! Der Chief Digital Officer etabliert sich in letzter Zeit immer stärker, der diese Agenden übernimmt und verantwortet.

Auf der Confare Veranstaltung #Digitalize 2016 berichten CIOs und CMOs aus Unternehmen wie Erste Bank, News Gruppe, Styria, Steyr Mannlicher, Porsche Informatik uvm. über ihre Wege in die Digitale Welt. Anmeldung und Details hier: http://www.confare.at/12660_DE-7403_%23Digitalize_2016_-_Get_Digital_-_Get_Creative-Einfuehrung.htm

Montag, 29. Februar 2016

Die Bedrohung der Gesellschaft durch Cyberwar und was Unternehmen und Bürger für mehr Sicherheit tun können – Blog-Interview mit Oberst des Generalstabs Walter J. Unger, Abwehramt


ObstdG Mag. Walter J. Unger leitet den Bereich Cyber Defence beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport. Durch die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche hat sich die Zahl der möglichen Angriffspunkte für Cyber Attacken drastisch vergrößert. Anlässlich seiner Keynote beim 9. Confare CIO SUMMIT am 6/7. April haben wir Mag. Unger zum Bloginterview gebeten. Es geht um Cyberwar Szenarien, die Rolle klassischer Streitkräfte im Digitalen Krieg und die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen.

Wie angreifbar ist unsere Gesellschaft, sind unsere Unternehmen in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung tatsächlich?
Die in rasanten Schritten zunehmende Digitalisierung aller Gesellschaftsbereiche führt zu einer massiven Abhängigkeit von der Verfügbarkeit der gespeicherten Daten, der Funktionsfähigkeit der Informations- und Kommunikationstechnik-Infrastrukturen (IKT-Infrastrukturen) und dem reibungslosen Fluss riesiger Datenmengen. Aktuelle Trends wie internet-of-everything, Industrie 4.0, Big Data, Clouds, Roboter, Mobilität, permanente Erreichbarkeit und Forecast Analytics verstärken diese Dependenzen.
Leider gibt es keine fehlerfreie Software, täglich werden neue Schwachstellen entdeckt und damit ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten für Angriffe.
Folgende Bedrohungstrends sind erkennbar: Cyber-Attacken kommen laufend und treffen jeden. Angreifer werden immer professioneller. Und derartige Dienstleistungen werden auch im Netz angeboten (Cyber Attacks-as-a-Service).  Angriffe können gekauft werden, gleichzeitig gibt’s auch Angriffstools zu mieten. Damit können auch Angriffe ohne spezielle IT-Kenntnisse durchgeführt werden.
Weiters ist zu beobachten, dass Täter sich intensiv mit den Opfern beschäftigen. Angriffe werden indirekt geführt und zielen auf das schwächste Glied. Angriffe gegen kritische Infrastrukturen nehmen zu. Schadprogramme werden industriell gefertigt, täglich tauchen 100.000e neue auf. Und letztlich kann jeder vom Missbrauch seiner persönlichen Daten, auch im Zusammenhang mit Forecast Analytics, betroffen sein.

Was sind die wichtigsten Faktoren, die einen Cyberwar ausmachen?

Die grundsätzlichen Überlegungen für einen Cyberwar gehen davon aus, dass ein Staat von seinen strategischen Infrastrukturen abhängig ist. Dazu gehören die Elektrizitätsversorgung, Telekommunikation, Internet, Bundesbahn- und andere Logistiksysteme, Wasser- und Lebensmittelversorgung, Abwasserentsorgung, Banken und Geldversorgung, Militär, Sicherheits- und andere Behörden, Kraftwerk- und Staudämme, Krankenhäuser und Notfalleinrichtungen, Medien, Luftverkehrskontrollzentren und Flughäfen. Alle diese strategischen Infrastrukturen sind wiederum von deren IKT massiv abhängig.

Ein massiver Angriff auf die IKT-Systeme eines Staates könnte zu ähnlichen Wirkungen, wie ein massiver Angriff auf die industrielle Basis und damit zu einem politisch verwertbaren Ergebnis führen.  Durchschlagend wären diese Angriffe nur, wenn sie einen langfristigen, digitalen Stillstand des gesamten Staates zur Folge hätten.

Wieviel Cyberwar gibt es schon in Friedenszeiten?

Der Begriff Cyberwar in Friedenszeiten ist irreführend, verharmlosend und führt zu groben Missverständnissen. Im Frieden sollte man besser den Terminus „Cyber-Angriffe“ verwenden. Ich sehe derzeit folgendes Cyber-Bedrohungsspektrum: Missbrauch personenbezogener Daten von Forecast Analytics, Cyber-Angriffe um Geld zu ergaunern, Cyber- Wirtschafts- und Konkurrenzspionage sowie Angriffe gegen einzelne Unternehmen und Behörden der strategischen Infrastrukturen. 

Massive, großflächige Angriffe mit dem Ziel durch Herbeiführung eines digitalen Stillstandes einen Staat in die Knie zu zwingen, entspricht dem Cyberwar-Szenario. Davon sieht man im Frieden nicht viel. Wenn jemand so etwas vorbereitet, wird er Cyberwaffen im Labor entwickeln und austesten. Was man erkennen könnte, sind Handlungen zur Auskundschaftung und Infiltrierung relevanter Ziele. Da solche Maßnahmen sich nicht von anderen kriminellen Machenschaften unterscheiden, sind sie nur schwer als potenzielle Kriegsvorbereitung zu identifizieren.

Mit welchen Szenarien setzen Sie sich auseinander?

Cyber Defence beschäftigt sich ausschließlich mit dem zuletzt beschriebenen Szenario: Nur bei Vorliegen eines Angriffes auf die staatliche Souveränität und selbstverständlich nach politischer Entscheidung ist das Militär zuständig. Alle anderen Szenarien fallen in die Zuständigkeit des BMI. Das BMLVS unterstützt hier nach Anforderung im Rahmen eines Assistenzeinsatzes.

Welche Rolle haben bewaffnete Streitkräfte in Digitalen Kriegsszenarien?

Das Bundesheer hat vor 25 Jahren mit der Einführung der EDV begonnen und ist mittlerweile fast voll digitalisiert. Damit das ÖBH als strategische Reserve Österreichs den Auftrag „Schutz und Hilfe“ erfüllen kann, ist die erste Hauptaufgabe der Cyber Defence-Elemente, die Verfügbarkeit, Integrität und Vertraulichkeit der militärischen IKT-Systeme sicherzustellen. Zusätzlich leisten wir einen Beitrag zur Resilienz anderer Behörden und den strategischen zivilen Infrastrukturen.

Die strategischen Infrastrukturen müssen selbst permanent ein hohes Maß an IKT-Sicherheit gewährleisten. Bei großangelegten Cyber-Attacken könnte das Militär durch frühzeitige Information über die Angriffe und Unterstützung bei der Abwehr einen wesentlichen Beitrag leisten.

Wie sicher ist Österreich?

Sicherheit ist schwer messbar. Im reichen Österreich gibt es etwas zu holen: es gibt beispielsweise sehr innovative erfolgreiche Unternehmen und zahlreiche interessante Forschungsprojekte. Daher sind Angriffe auf unser Land grundsätzlich für kriminelle Akteure und Spione sehr interessant. Ich gehe davon aus, dass es bei uns täglich zu Cyber-Angriffe auf Unternehmen, Verwaltungen und Privatnutzer kommt.

Welche Möglichkeiten haben Behörden, Unternehmen und Bevölkerung um dazu beizutragen?

Es ist wichtig, sich dieser Bedrohung bewusst zu sein. IKT-Sicherheit ist permanent auf hohem Niveau erforderlich. Das erfordert zwingend eine eigene Sicherheitsorganisation.

Rasche, professionelle Reaktion (Incident Management) muss institutionalisiert werden. Dabei ist eine Frühwarnung zur vorbeugenden raschen Reaktion äußerst wertvoll.  Diese Informationsweitergabe ist eine der Hauptaufgaben für staatliche Cyber-Elemente (Cyber Defence Center, Cyber Security Center, GovCERT).

Zur Bewältigung von Angriffen und Minimierung deren Folgen ist es notwendig Redundanzen aufzubauen und Notfallpläne vorzubereiten.

Welche Vorbereitungen kann man persönlich treffen um sich auf Szenarien des Cyberwars vorzubereiten?

Jeder kann einen Beitrag zu mehr Sicherheit im Netz leisten. Mit einfachen Maßnahmen wie die permanenten Aktualisierung aller Programme und die Verwendung von einer Firewall und Anti-Virensoftware kann ein Mindestmaß an Schutz erreicht werden.

Dazu kommen noch das Anlegen eines User-Kontos (anstatt alles mit Administrator-Konto), die Verwendung eines Zweitgerätes zum Surfen und eine sicherheitsbewusstes Verhalten im Netz. So sollte man Mails von Unbekannten löschen, Vorsicht bei Nutzung von dubiosen kostenlose Angeboten bzw. Software walten lassen und E-Shopping nur bei seriösen Anbietern abwickeln.

Ganz wichtig ist auch dieses Bewusstsein an den Partner oder die Kinder zu vermitteln. Und auch im privaten ist ein Notfallplan wichtig – an wen kann ich mich wenden?

Zuletzt noch ganz wichtig – auch unsere mobilen Device (Smartphone, Tablets) sind Computer und gehören geschützt.

Die Keynote von ObstdG Mag. Walter J. Unger findet im Rahmen des 9. Confare CIO SUMMIT am 6/7. April in Wien in den Räumlichkeiten der Schönbrunner Orangerie statt. Anmeldung und Details auf www.ciosummit.at – Für IT-Manager ist die Teilnahme kostenlos.

Freitag, 26. Februar 2016

#TopCIO Mag.Werner Kerschbaumer, Welser Profile Beteiligungs GmbH – „Der Unterschied zwischen einer Top IT und einer guten IT? DIE MITARBEITER!


Mit der Aufgabe die Neupositionierung der IT im Unternehmen vorzunehmen hat Werner Kerschbaumer die Rolle des CIO bei Welser Profile übernommen. Inzwischen hat er die IT zu einem engen Ansprechpartner für die Fachbereiche gemacht, der in wesentliche Innovationsvorhaben an vorderster Front eingebunden ist. Das macht ihn zu einem der Top-Kandidaten um die Auszeichnung als #TopCIO und den CIO AWARD 2016 der am 6. April auf dem Confare CIO SUMMIT verliehen wird.
Was waren die Ziele und Herausforderungen bei der IT-Neuorganisation?
Hauptziel war die Positionierung der IT als interne, professionell geführte Serviceeinheit, die wie ein externer Serviceanbieter nach dem Auftraggeber – Auftragnehmer- Prinzip agiert. Dazu war es notwendig,
•             konzernweit alle IT-Aktivitäten in einem Unternehmensbereich zu bündeln,
•             die IT-Governance neu zu strukturieren,
•             sämtliche IT-Prozesse (z.B. Incident-Mgmt., Change-Mgmt., …) revisionssicher zu etablieren
•             die mittelfristige Ausrichtung an der von den Unternehmenszielen abgeleiteten IT-Strategie zu orientieren.
•             Eine verursachergerechte IT-Kostenverrechnung und ein aussagekräftiges IT-Controlling runden die Herausforderungen ab.
•             Ziel ist es auch die Ausrichtung permanent externen Benchmarks zu unterziehen, um eine permanente Verbesserung zu erreichen.

Wo sehen Sie die Handlungsfelder des CIOs bei Innovationen im Unternehmen?

Als großes Innovationsfeld sehe ich bei Welser Profile das Thema „Industrie 4.0“ in Kombination mit „Digitalisierung“. Ich bin zwar der Meinung, dass in der Vergangenheit bereits viel investiert und umgesetzt wurde, was heute unter diesen Schlagwörtern zusammengefasst wird, aber die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese Themen bringt zusätzlichen Schwung. Neben der vertikalen und horizontalen Vernetzung von IT-Systemen finde ich die Integration über Unternehmensgrenzen als große Herausforderung. Gerade diese Wertschöpfungsnetzwerke bringen viele Chancen bei der Neugestaltung von Geschäftsprozessen innerhalb der Firma, sowie über Unternehmensgrenzen hinweg und generieren für das eigene Unternehmen und die Partner zusätzlichen Nutzen.

Wie wichtig ist der Faktor „Mensch“ bei den Aufgaben des CIOs?
Der menschliche Faktor ist nicht zu unterschätzen. Der CIO ist in erster Linie Führungskraft, das bedeutet, dass nicht die technischen Fähigkeiten über Erfolg und Misserfolg entscheiden, sondern die menschlichen Aspekte. Klare Werte und Ziele und kein Zick-Zack-Kurs müssen für die Mitarbeiter erkennbar sein, ebenso muss das Gesamtbild (Auftreten, Verhalten, Kommunikation) in sich schlüssig und glaubwürdig sein. Den Unterschied zwischen einer gut funktionierenden IT und einer TOP-IT machen zu einem großen Teil die motivierten Mitarbeiter aus.

Was macht einen #TopCIO aus?

Die Fähigkeiten eines TopCIOs unterschieden sich nicht gravierend von den Fähigkeiten einer Top-Führungskraft. Die wichtigsten Eigenschaften sind meiner Meinung nach Kommunikationsstärke, Lernbereitschaft, Disziplin, Motivationsfähigkeit, Offenheit, die Gabe komplexe Zusammenhänge einfach darstellen zu können, sowie geistige und körperliche Ausgeglichenheit.
Was bedeutet der Confare CIO AWARD für Sie?

Der Confare CIO AWARD ist eine unabhängige, externe „Würdigung“ der Leistungen der Informationstechnologie eines Unternehmens. Er unterstützt die Anstrengungen die IT im Unternehmen richtig zu positionieren und verstärkt die Wertigkeit einer IT indem er die Leistungen transparent macht.  Für mich persönlich wäre der CIO AWARD eine große Auszeichnung und der Beweis, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist.
Der Confare CIO AWARD wird auf dem 9. CIO & IT-Manager Summit am 6/7. April von Confare in Zusammenarbeit mit EY und dem CIO Guide verliehen. Bereits 300 hochkarätige IT-Entscheider haben sich angemeldet – Sichern Sie sich Ihre Teilnahme auf www.ciosummit.at – diese ist für CIOs und IT-Manager kostenlos.

Donnerstag, 17. Dezember 2015

Aktuelle Studie: 5 Schlüsselfaktoren für Erfolg mit INDUSTRIE 4.0


Anlässlich des angekündigten Vortrages beim 9. Confare CIO SUMMIT haben wir mit Dr. Benjamin Kettner, CTO der ML!PA Consulting GmbH  und Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Thomas Pietsch aus Berlin ein e-Interview zum Stand von Industrie 4.0 und die Auswirkungen auf Unternehmen. Die geschilderten Erfahrungen und Erkenntnisse basieren auf zwei gemeinsam durchgeführten Projekten. Im ersten Projekt wurden Experten aus ausgewählten Unternehmen (Einzelfertiger, Massenfertiger, Energie, Logistik) zu ihrer Haltung und ihrer Einschätzung zum Thema „Digitalisierung“ befragt und ausgewertet. Im zweiten Projekt, das noch läuft, wird das RAMI 4.0 (Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0) in handhabbare Subsets zerlegt und auf die Belange von Unternehmen mit speziellen fachlichen Einsatzbereichen angepasst.

Wie weit ist die Digitalisierung in unterschiedlichen Branchen?
Digitalisierung im Energiesektor:

Im Energiesektor sind die Anlagen, also Photovoltaik, Windkraft, konventionelle Kraftwerke oder Biogasanlagen, meistens mit umfangreicher Sensorik ausgestattet. Diese Sensoren sind nötig, um den Betrieb zu überwachen. Allerdings „kocht hier jeder Hersteller und Betreiber sein eigenes Süppchen“. Es findet beispielsweise in einem Windpark, in dem Anlagen nahezu aller größeren Hersteller anzutreffen sind, keine anlagenübergreifende Kommunikation der gesammelten Daten statt.
Wenn Sie wissen, dass die Wartungskosten alleine im Betrieb einer Offshore-Windenergieanlage im Millionenbereich liegt und bei herkömmlichen Onshore-Anlagen bis zu 30% der Errichtungskosten betragen, dann können Sie sich vorstellen, wie groß das Potenzial in der Energiebranche ist, das durch eine Digitalisierung ausgeschöpft werden kann.

Die an unserem Projekt beteiligten Experten der Energiebranche waren sich einig, dass die Umsetzung der ‚vierten industriellen Revolution’ in ihrer Branche noch in den Kinderschuhen steckt und dass das Thema Mensch hier höchstens am Rande stattfindet. Dabei wäre eine 360-Grad-Sicht, die den Menschen bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten in den Mittelpunkt stellt und eine zentrale Plattform für den Wissenstransfer darstellt gerade hier ein großer Gewinn.
Digitalisierung in der Massenproduktion:

Digitalisierung im Sinne von Erfassung und Auswertung von Produktionsdaten ist für Massenfertiger eigentlich nichts Neues. Bereits vor Jahren kursierten hier ja bereits die Begriffe CAM (Computer Aided Manufacturing) und CIM (Computer Integrated Manufacturing). Allerdings sind in der industriellen Massenproduktion die Situationen der Player auch sehr breit gefächert. Einerseits sind hier die Margen oftmals so gering, so dass sich ein Nachrüsten von Produktionsstrecken nicht rechnet, in anderen Fällen gibt es durch das Überwachen und Feinsteuern der Fertigungsprozesse ein erhebliches Potenzial für die Qualitätssteigerung oder  sicherung.
Trotz langjähriger Erfahrungen sieht sich die Branche noch lange nicht auf der Zielgeraden bei der Umsetzung der digitalisierten Produktion. Ein Interviewpartner aus einem Branchenverband schätzte sogar, dass es noch bis zu 30 Jahre dauern könnte, bis die Vision der vernetzten Produktion hier vollständig umgesetzt und das Potenzial, der menschlichen Tätigkeit einen Qualitätsschub zu verleihen, ausgeschöpft sei. Die Unterstützung der am Produktionsprozess beteiligten Menschen stellt hier das vorrangige Ziel dar.

Digitalisierung in der Einzelfertigung:
Auch im Bereich der Einzelfertigung wird der Begriff ‚Industrie 4.0’ eher als eine Fortsetzung begonnener Wege unter einem neuen Schlagwort gesehen. Da es hier allerdings um die Optimierung einer Produktion mit der Losgröße 1 geht, stellt die erhöhte Transparenz der Produktion bei den für einzelne Kunden konfigurierten Einzelstücken allerdings einen zusätzlichen Mehrwert dar, der in der Massenfertigung nicht von Bedeutung ist.

Ebenfalls für einen Mehrwert sorgt ein Monitoring, das in Echtzeit Informationen zum Produktionsprozess liefert und die Möglichkeit bietet, die Frequenz der Produktionsplanung erheblich zu erhöhen und dadurch nicht mehr „zeitaufwändig an der Realität vorbei“ zu planen. Das Potenzial der Digitalisierung steckt für Einzelfertiger also in der Transparenz und in der Geschwindigkeit, mit der die Planung auf veränderte Marktanforderungen reagieren kann. Beim Customizing der Produkte stehen die beteiligten Menschen mit ihrer Fachkompetenz und vor allem mit einer vertrauensvollen Kommunikation mit dem Kunden in einer besonderen Verantwortung. Hier wird auch ein Mehrwert in Technologien wie Augmented Reality und Assistenzsystemen gesehen, die den Menschen bei seiner Arbeit unterstützen.
Digitalisierung in der Logistik:
Durch sehr hohen Zeit- und Kostendruck steht die Logistikbranche schon seit langem unter dem Druck, ihre Prozesse optimieren zu müssen. Eine Digitalisierung sowie die digitale Unterstützung des Planungsprozesses sind deshalb hier schon sehr weit entwickelt. Vor allem aus seiner Rolle als Schnittstelle zwischen geschäftlich handelnden Akteuren, die ihrerseits mit einer erhöhten Transparenz und Vernetzung in ihren jeweiligen Branchen die Rahmenbedingungen verändern, erwachsen für die Logistik ständig neue, komplexe Herausforderungen. Ein wesentliches Ziel ist es dabei, den Aufwand für die Logistik so gering wie möglich zu halten und neben der höheren Transparenz durch eine verbesserte Planung die Auslastung zu verbessern. Das führt dazu, dass die Logistik stärker als andere untersuchte Branchen offen ist für neue Technologien wie z. B. Assistenzsysteme für Fahrer und Lageristen sowie die IT-unterstützte Auswertung von Daten für die Prozessoptimierung.

Eine Lösung für die Erfassung und Verteilung von Daten durch räumlich verteilte Systeme in den Flotten existiert bislang zwar nur teilweise, aber die in der Logistik arbeitenden Menschen denken prozessorientiert und sind es gewöhnt, IT-Systeme zur Optimierung zu nutzen.

Was sind die 5 wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiche Industrie 4.0 Projekte?
1.           Wer Industrie 4.0 will, der muss zuerst seine schriftlichen Hausaufgaben machen, also alles transparent dokumentieren und verfügbar machen, um seine Prozesse im Griff zu haben, also genau zu wissen, wann wo was geschieht. Nur dadurch ist es den Mitarbeitern möglich, den Überblick über die automatisierten Prozesse zu behalten.

2.           Wer Industrie 4.0 will, der muss den Menschen mitnehmen, also sowohl Qualifizierung also auch Mitarbeiterführung auf die veränderte Situation anpassen, also Management 3.0 beherrschen.
3.           Wer Industrie 4.0 will, der muss mit allem rechnen, also ein hohes Maß an Aufmerksamkeit für die Aktivitäten und ihre Wirkungen haben und damit sind die Belange einer veränderten Kommunikation genauso gemeint, wie Haftungsfragen bei einer automatisierten Produktion. Eine automatisch gesteuerte Produktionskette kann dem Menschen nicht nur die Arbeit erleichtern, sie kann auch zur Gefahr für den Mitarbeiter werden.

4.           Wer Industrie 4.0 will, der muss die Karten neu mischen, also bereit sein, die Positionen aller Protagonisten zu verschieben, ihnen neue Rollen und neue Positionen zu geben und sie in neue Relationen einzufügen.
5.           Wer Industrie 4.0 sagt, der muss den Gesamtkontext sehen, also dass es sich hierbei nicht um eine technische, sondern um eine sozio-technische Entwicklung handelt, die allerdings keine Revolution ist, sondern eine Evolution und bei der trotz aller technischen Automatisierungen der Mensch weiterhin die Verantwortung für alles das trägt, was im Unternehmen geschieht.


Erfahrungsaustausch und Weiterbildung sind wichtige Faktoren um den Wandel zu bewältigen. Das 9. Confare CIO SUMMIT mit dem Motto: „Im Mittelpunkt: Der Mensch“ bietet dazu „den österreichischen IT Treffpunkt von internationalem Format“. Hier wird der CIO AWARD verliehen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen und EY im Rahmen des 9. CIO & IT-Manager Summits am 6. und 7. April 2016 verliehen. Anmeldung und Details auf www.ciosummit.at
www.ciosummit.at

Dienstag, 10. November 2015

DESIGN THINKING Teil 1 - Die Bedeutung von Kreativität und Innovation im Unternehmen

Was Design Thinking ist, und warum Sie sich damit befassen müssen - Kreativität und Innovationskraft vs. Burnout und Krise

Eric-Jan Kaak hat als CIO von Blizzard den CIO AWARD gewonnen und ist mittlerweile als Senior Agile Coach bei IcoSense damit befasst Unternehmen fit für die Digitale Transformation zu machen. Im ersten Teil unseres 2-teiligen Blogs beantwortet er, was Design Thinking ist und warum eine solche Methode gerade jetzt wichtig ist.

15. Juni 2016 - Workshop „Design Thinking für Führungskräfte“
23. September - Workshop "Design Thinking für Führungskräfte Schweiz"


Innovationsnotwendigkeit
Die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts hatte – trotz zahlreicher Verwerfungen ­ ohne Zweifel auch große Verdienste. Denn wir haben unseren Wohlstand den industriellen Leistungen und Wertsteigerungen der letzten 150 Jahre zu verdanken. Allein, diese Zeit ist nun zu Ende – die Wissens- und Informationsgesellschaft stellt uns vor völlig neue Herausforderungen. Diese Herausforderungen sind mit den etablierten industriellen Methoden der Vergangenheit nicht mehr zu bewältigen: Firmen funktionieren nicht (mehr) wie Maschinen, die traditionelle Planung verliert ihren Stellenwert. Es reicht heute einfach nicht mehr aus, ein Paar Knöpfe und Regler nur weiter zu drehen. Planung ist zwar noch immer wichtig, aber Agilität ist notwendig, um auf Änderungen des Umfeldes angemessen zu reagieren.

Es muss also neugedacht werden. Dazu sind wiederum nur Menschen in der Lage. Nur sie können radikal neue Ideen entwickeln und umsetzen. Nur der Mensch kann in großen sozialen Gruppen innovativ arbeiten und nur er ist in der Lage, Lösungen auf der Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses zu entwickeln. Dafür gibt es eine unabdingbare Bedingung: Kreativität.
Das Problem: Die Effektivitäts- und Effizienzmafia hat mit ihrem derzeit gültigen Modell, in dem Firmen wie Maschinen funktionieren, die Kreativität systematisch aus den Organisationen hinausgetrieben: Übertriebene Standardisierungen, ISO-Zertifizierungen, "Management by Objectives", Individualbonusprogramme – um nur einige Methoden zu nennen –  haben die Firmen zu starren bürokratischen Monstern verkommen lassen, die sich fast nur noch selbst verwalten.

Hinzu kommt: Diese Einengungen machen krank. Laut Ärztekammer leiden 500.000 Österreicher unter Burnout, weitere 1,1 Millionen sind gefährdet. Fast jede vierte Invaliditätspensionierung erfolgt aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung. Schuld daran sind nicht die Menschen, schuld sind die Leistungssysteme, in denen sie unter dem Deckmantel der Gewinnmaximierung in den Ruin getrieben werden. Auch laut dem WHO-Report "Global Burden of Disease" sind in den reichen Ländern psychische Störungen die größte Krankheitslast in Form verlorener Lebensqualität und Lebensjahre.
Den Menschen ist in ihrer täglichen Arbeit der Sinn weitgehend abhandengekommen: Warum arbeite ich? – Für was ist meine Firma da? – Was ist der Sinn unseres Handelns? Die Ärztin Leibovici-Mühlberger empfiehlt in ihrem Buch "Die Burn-Out Lüge" Dynamisches, Unvorhergesehenes, Herausforderndes im Leben wieder zuzulassen. Neugierig und offen gegenüber seiner Umwelt und seinen Mitmenschen zu sein. Und da die Arbeit ein nicht unbeträchtlicher Teil unseres Lebens ist, gilt gleiches natürlich auch hier.

Wir müssen also auch im beruflichen Umfeld sowohl aus ökonomischen, aber auch psychologischen Gründen wieder lernen, Kreativität, Experimentierfreude und Sinn zuzulassen. Das fällt vielen Unternehmungen im Kontext vorgegebener Stellenbeschreibungen, Reisekostenrichtlinien, Organigrammdiskussionen, Zielvereinbarungen, Mitarbeitermotivationsseminaren, einem regulierten Vorschlagswesen und sonstigen Instrumenten des Managements natürlich nicht leicht. Die Effektivitäts- und Effizienzmafia hat über viele Jahre hinweg ganze Arbeit geleistet.
Die offene Wunde der Industriegesellschaft

Gehen wir an dieser Stelle nochmal einen Schritt zurück: Der Kern der Massenproduktion war ihre Planbarkeit. Das haben wir alle so an den Betriebswirtschaftsschulen dieser Welt gelernt. Vertriebsplan, Investitionsplan, Personalplan, Kostenstellenplan, Beschaffungsplan, Finanzplan usw. waren und sind meist immer noch die Basis unseres Tuns. Folge dem Plan und alles wird gut. Abweichungen vom Plan werden bekämpft, Abweichler bestraft. Konformisten bekommen den Bonus. Diese Planbarkeit geht in der globalen, komplexen, immer stärker vernetzten Welt verloren. Die im letzten Jahrhundert groß gewordenen Unternehmen kämpfen heute systemisch und emotional damit, dass diese Planbarkeit fehlt und auch nicht wiederkommen wird. Die neuen Ansätze wie Design Thinking, Agile Methoden oder Lean Startup legen hingegen ihre digitalen Finger konsequent in diese offenen Wunden der Industriegesellschaft.
Hinzu kommt, dass die Notwendigkeit zu radikaler Kreativität nicht die einzige Herausforderung ist. Die neuen Produktionsmethoden und Nutzerfragen sind derart dynamisch, dass Firmen sehr innovativ sein müssen, um überhaupt am Markt überleben zu können. Digitalisierung ändert die Herstellung, die Distribution und den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen in ungeahnter Art und Weise. Aber auch Kunden sind heutzutage keine passiven Konsumenten mehr, sondern vernetzt und sehr kritisch. Sie sind auch weniger loyal gegenüber ihren Marken, verlangen aber gleichzeitig die absolute Kundenorientierung ihrer Lieferanten.

Die Antwort der Unternehmen darauf, das Zauberwort sozusagen, lautete "Kundenerlebnis". Da aber nun alle dieses Zauberwort verinnerlicht haben, ist es auch kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Ein neues Credo ist daher an seine Stelle getreten: In der heutigen Welt von Überangebot und Social Media dreht sich nunmehr alles um persönliche Relevanz. Sie ersetzt das "Erlebnis", steht für "Bedeutung" – und somit wieder für mehr Sinn.
Diese Entwicklung impliziert, dass ein Kunde den Wert eines Produktes nicht mehr festmacht an seinem Preis oder der Marke, sondern daran, welchen Beitrag dieses Produkt für die Erfüllung seiner persönlichen Ziele leisten kann. Anders formuliert: eine Person will nicht mit dem Zug reisen, sondern sie will nach Hause kommen. Sie mag keine warme Jacke haben, sondern eine sportive Ausstrahlung. Sie will nicht ins Fitness-Studio, sondern länger leben. Die Erreichung der persönlichen Ziele beziehungsweise die Befriedigung von Grundbedürfnissen werden somit zum Maßstab, mit dem Produkte oder Dienstleistungen bewertet und dann gekauft werden – oder auch nicht. Und nachdem die Bedürfnisse erfüllt sind, wird das gute Gefühl (oder die schlechte Erfahrung) via Social Media dann mit der ganzen Welt geteilt.

Das neue Zauberwort lautet somit "Social Business". Es bedeutet, dass Firmen FÜR, und inzwischen auch MIT ihren Kunden, "Werte" generieren. Ausschlaggebende Erfolgsfaktoren sind dabei Empathie für Menschen, vernetztes Denken und Handeln sowie Kreativität. Nicht der ökonomische Gewinn steht im Vordergrund, sondern die Zusammenarbeit mit Stakeholdern zur Erreichung gemeinsamer Ziele oder der Befriedigung von Bedürfnissen.
Das klingt alles sehr ambitioniert, aber leider gibt es keine einfachen Erfolgsrezepte. Womit wir wieder am Ausgangspunkt wären – denn hier hilft nur noch eine menschliche Eigenschaft, die uns in der Industriegesellschaft leider weitgehend ausgetrieben wurde: Kreativität.

Was ist Design Thinking genau? Und warum jetzt?
Beim Design Thinking geht es darum, mittels Kreativität Neues entstehen zu lassen.

Der Stellenwert von Design an sich ist ja längst akzeptiert  – Firmen haben schon lange herausgefunden, dass gutes Design ein wesentlicher Faktor für den Erfolg eines Produktes sein kann. Beim Design Thinking werden nun die Kreativitätsmethoden der Designer gekreuzt mit den Anforderungen und Bedürfnissen anderer Bereiche. Das ist einigermaßen naheliegend. Denn Unternehmer, Manager, Marketing- und Produktionsverantwortliche oder Finanzleute entwerfen ja auch tagtäglich Neues: Businessmodelle, Ablaufprozesse, Projekte, Arbeitsanforderungen – wobei die bereits erwähnten Innovationsanforderungen auch bei diesen Themen immer höher werden und immer häufiger auch unbekanntes Terrain betreten werden muss. Da wird Kreativität wichtiger denn je – wenn etwas nicht mehr planbar ist, müssen zwangsläufig neue Wege beschritten werden. Die Methoden und Techniken der Designer bekommen damit plötzlich neue Einsatzfelder, abseits des reinen Produkts.

Design Thinking ist also eine Ansammlung von Methoden und Techniken, die Designer zur Gestaltung von Produkten oder Objekten verwenden, umgemünzt auf andere Geschäftsbereiche, Prozesse, Einsatzfelder oder sonstige Herausforderungen. Die einfachste Variante ist das Brainstorming. Aber es existiert eine Vielzahl weiterer Methoden, die verwendet werden können, um kreative Lösungen zu finden. Diese Methoden erobern gegenwärtig Firmen in aller Welt, die sich den neuen marktwirtschaftlichen Realitäten im 21. Jahrhunderts stellen müssen.
Mit anderen Worten: Nicht nur Produkte oder Objekte werden mit Design Thinking neu gestaltet. Unter dem Namen "Service Design" entstehen neue Dienstleistungen, Arbeitsweisen, Businessmodelle, Service-Innovationen oder Marketingkampagnen. Und unter dem Namen "Social Design" werden gesellschaftliche Probleme wie Armut, Umweltverschmutzung, Klimaschutz, Städtebau und vieles mehr neu betrachtet, bewertet und gestaltet.

Zusammengefasst steht "Design Thinking" damit für alle kreativen Methoden und Techniken, die bei der Lösung verschiedenster Probleme verwendet werden können. Darüber hinaus liefert es auch neue Ansätze für die Gestaltung innovativer Strategien und Arbeitsweisen. Aber egal, wie und wo Design Thinking zum Einsatz kommt, es ist einfach faszinierend zu beobachten, wie diese kreativen Methoden uns helfen, Kreativität für Menschen und Organisationen wieder erlebbar zu machen.
(Wie Design-Thinking-Prozesse ablaufen, werden wir im Zweiten Teil des Blogs erläutern)


Mittwoch, 26. August 2015

"Die IT Industrie hat keine Antworten auf die komplexen Fragen von heute"


CIO AWARD Preisträger Eric-Jan Kaak über das Managen der Komplexität und die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen

Eric-Jan Kaak, Agiler Coach bei IcoSense, hat als CIO von Blizzard und der Tecnica Gruppe große ERP Projekte geleitet und wurde mit dem Confare CIO AWARD ausgezeichnet. Im Gespräch rät er zu Misstrauen, wenn ERP Hersteller versprechen, die Welt würde mit einem neuen System plötzlich rosarot. Gelegenheit Eric-Jan Kaak persönlich zu erleben bieten seine Keynote Vorträge bei 2 Confare Veranstaltungen im Oktober, dem ERP Infotag am 6. Oktober im Wien Museum und bei #Digitalize 2016 im Wiener Chaya Fuera.

Welche Rolle spielt ERP noch als Kernsystem eines Unternehmens?

Das richtige Wort ist "Kernsystem". Welche Funktion hat ein ERP System im Kern? Es bildet datenmäßig alle Prozesse eines Unternehmens ab.
In Wikipedia wird das beschrieben, was die Softwareindustrie uns seit 25 Jahren versucht unter ERP zu verkaufen: "ERP-Systeme sollten weitgehend alle Geschäftsprozesse abbilden. Eine durchgehende Integration und eine Abkehr von Insellösungen führen zu einem ganzheitlichen ERP-System, in dem Ressourcen unternehmensweit verwaltet werden können. ERP-Systeme verbessern zudem den Kommunikationsfluss im Unternehmen und können im Sinne von E-Collaboration die Zusammenarbeit im Unternehmen effizienter gestalten." 
Ein "ganzheitliches" ERP System, setzt aber auch ganzheitliches Denken und Handeln voraus. Eigenschaften, die man in vielen Unternehmen mit der Lupe suchen muss. 
Ich habe noch kein Unternehmen gesehen, in dem nach der Einführung einer ERP Software plötzlich alle von der Verbesserung der Kommunikationsflüsse gesprochen haben.

Wenn ERP wieder auf das reduziert wird, was es sein sollte, gibt es durchaus noch ein Berechtigungsdasein.
Betriebswirtschaftliche Daten werden in einer Datenbank erfasst. Die Business Logik jedes ERP-Systems ist im Grunde doch folgende: Durchlaufzeit so gering wie möglich - Lagerstand so gering wie möglich. Das kann ein ERP-System berechnen, besser als jeder Mensch. Dazu kommt noch ein ordentliches Stammdatenmanagement (Master Data Management), um die Produkte und Dienstleistungen möglichst effizient und effektiv zum Kunden zu bringen. Für diese Funktionen hat ERP eine wichtige Funktion. Ebenso für die geregelte Welt des Rechnungswesens mit ihren Konsolidierungen und unterschiedlichen Bewertungsmethoden ist ERP durchaus bedeutend.

Alles, was stabil laufen sollte und wenig Veränderungen unterliegt, ist wunderbar geeignet, um von ERP-Systemen "verwaltet" zu werden. Für dynamische Markt- und Businessumgebungen gibt es inzwischen genügend Lösungen in der Cloud.

Wann sollte ein Unternehmen auf die Suche nach einem neuen ERP-System gehen?
Sind die etablierten ERP-Systeme geeignete Werkzeuge, um Unternehmen fit für das Digitale Business zu machen?

Ein Unternehmen sollte sich ständig überlegen, ob die bestehenden Werkzeuge den Herausforderungen des Jetzt und der Zukunft gewachsen sind. Immer und jederzeit.
Das klingt unmöglich, aber es ist an der Zeit, die Bedeutung von ERP anders zu denken. 
ERP-Systeme waren zu einer bestimmten Zeit durchaus eine sinnvolle Lösung, wenn es darum ging, komplizierte Prozesse zu managen.

Um die richtige Funktion eines ERP-Systems zu verstehen, müssen wir zuerst begreifen, wie Systeme - hiermit meine ich die ganzen Wechselwirkungen zwischen Menschen und ihr Umwelt - funktionieren. Man muss einen Unterschied machen zwischen "einfach", "kompliziert", "komplex", "chaotisch" und "Verwirrung", wie es der walisische Forscher und Wissensmanagement-Berater Dave Snowden macht. In seinem Framework - er nennt es "Cynefin", was "Lebensraum" auf walisisch bedeutet - kategorisiert er Problemsituationen und Systeme gemäß ihrer Ordnung und deren Wechselwirkungen und leitet daraus Handlungsmuster ab.

In einfachen Systemen ist die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung für alle offensichtlich und es können bewährte Praktiken ("best practices") angewandt werden. Die Reihenfolge der Handlungen, um mit einfachen Systemen umzugehen ist "beobachten - kategorisieren - reagieren".

Kompliziert bedeutet, dass Ursache und Wirkung eines Ereignisses zwar zeitlich und räumlich voneinander getrennt sind, im Prinzip ist aber der gesamte Verlauf der Aktionskette vorhersehbar: A ergibt immer B. Man braucht Fachwissen, um die Wirkungen zu verstehen, aber mittels der Methodiken "beobachten - analysieren - verstehen" können "good practices" herausgearbeitet werden.

Mithilfe moderner ERP-Systeme ist man durchaus in der Lage, einfache und komplizierte Prozesse abzuwickeln und zur Zufriedenheit des Kunden zu Ende zu führen. Auch andere Standardisierungswerkzeuge, wie z.B. ITIL, PRINCE2, Wasserfall, etc. funktionieren in einem komplizierten Umfeld.
Der Satz "das haben wir immer schon so gemacht" ist in diesem Kontext durchaus treffend.

Im Gegensatz zu komplizierten Systemen ist das Verhalten komplexer Systeme nicht vorhersagbar. Einzelteile eines komplexen Systems können standardisiert (einfach oder kompliziert) ablaufen, aber die Interaktion der einzelnen Teile verursacht eine ständige Veränderung. Dadurch entsteht Komplexität.
Angetrieben durch die Technologien des 21. Jahrhunderts (Social Media - Cloud - Big Data - Mobile) entsteht ein hochdynamisches Umfeld. Die darin befindlichen Systeme können mit den Lösungen der "Good Practices" nicht mehr beherrscht werden. 
In diesem Fall sind Tools, Standardisierung, Regeln, Strukturen oder Prozesse keine hinreichende Antwort, wenn es um Probleme und  Problemlösung geht. Gerade die Methoden, die im Industriezeitalter nützlich waren, versagen: In einem komplexem Umfeld geht es nicht um die Frage, wie ein Problem gelöst wird, sondern wer das tun kann. Deswegen werden erfahrene Menschen bedeutsam. Menschen mit Können und Ideen. Snowden empfiehlt hier die Vorgehensweise "probieren - beobachten - reagieren". Es gibt in Teilen erkennbare Muster und etliche Unbekannte. Komplexe Systemumgebungen brauchen eine Projektmethode, die Lernen zulässt und fördert. Hier sind agile Methoden wie Kanban oder Scrum zu Hause.

In chaotischen Systemen können keine Ursache-Wirkungsbeziehungen identifiziert werden. Eine neue Aufgabe ist in einem neuen Umfeld zu erledigen. Es gibt viele Unbekannte und viele Turbulenzen. Auf identischen Input kann das System mit unterschiedlichen Outputs reagieren, da es sich beständig verändert. Hier muss man Prototypen entwickeln und aus den Erkenntnissen lernen. Kontinuierlich.
Ein gezieltes und gesteuertes Vorgehen ist in chaotischen Systemen nicht möglich, deshalb ist hier der empfohlene Lösungsansatz: "handeln – beobachten – reagieren“.

Wenn Anforderungen und Handlungen überhaupt nicht mehr kompatibel sind, befindet sich das System in einem Zustand der "Verwirrung" - das Management zieht sich dann in ihre Komfortzone zurück ("das haben wir noch nie so gemacht") und es werden Entscheidungen nur aufgrund bestehender Erfahrungen gemacht ("da könnte ja jeder daherkommen") - ohne Rücksicht auf die aktuelle  Situation.

In einem komplexen und chaotischen Umfeld versagen die heutigen ERP-Systeme vollkommen - blöd ist es nur, dass die Anbieter den Anspruch erheben "alles auf Knopfdruck" lösen zu können.

Das heißt, wenn es in Unternehmen Prozesse gibt, die seit Jahren nach dem gleichen reproduzierbaren Muster ablaufen, sind ERP-Systeme durchaus die Lösung. Wenn jedoch Themen wie Skalierbarkeit Richtung Cloud, moderne User-Interfaces, mobile Anbindung des Außendienstes, etc auf den Tisch kommen, dann sollte man darüber nachdenken, bestehende-ERP Systeme zu modernisieren.

Allerdings, wenn es darum geht, in der komplexen Wirtschaftswelt von heute zu überleben, sprich: mit Komplexität umzugehen, ist ein neues ERP-System sicherlich nicht die Antwort. Einfach weil ERP-Systeme auf komplexe Herausforderungen keine Antwort haben.
Niels Pfläging schreibt in seinem Buch "Organisation für Komplexität. Wie Arbeit wieder lebendig wird – und Höchstleistung entsteht " richtig: "Komplexität kann weder gemanagt, noch reduziert werden. Man kann ihr nur mit menschlichem Können begegnen."

Was empfiehlst Du Unternehmen, die aktuell ein neues ERP suchen? Welche Anforderungen sind dabei wichtig?

Man sollte sich zuerst die Frage stellen: "Auf welche Frage ist "Ein neues ERP-System" die Antwort?" Was ist überhaupt das Problem?

Die ERP-Hersteller versprechen seit Jahrzehnten die Lösung aller Businessprobleme, in der die Welt auf Knopfdruck plötzlich rosarot wird.

Unternehmen tappen in die Informationsfalle und glauben, dass die Reporting-Blindheit mit der jahrzehntelangen Pflege von Daten- und Informationssilos plötzlich von einem umfassen, allwissenden Informationssystem abgelöst wird.

In der IT kennen wir alle die Kette: Daten - Information - Wissen - Weisheit. 
Jeder erhofft sich Weisheit aus den ERP-Daten.
Der Weg dorthin ist aber sehr beschwerlich. Mit Daten kann ich folgende Fragen beantworten "Was ist passiert?", da sind die ERP-Daten wesentlich, da sind aber auch die meisten stehen geblieben. 
Wer aber beantwortet folgende Fragen mit den Daten aus dem ERP-System:•Was ist passiert? (Daten)
•Was wird passieren?
•Warum ist das passiert?
•Was passiert gerade?
•Was machen wir jetzt?
•Was bedeutet das für den Kunden? (Weisheit)

Big Data und Internet der Dinge / Industrie 4.0 versprechen uns die Antworten auf die letzte Frage; viele Unternehmen sind aber noch gar nicht so aufgestellt, als dass sie in der Lage wären, die Frage nach der Kundenbedeutung zu beantworten.

Wenn ich als Unternehmen aber nicht in der Lage bin, mich so aufzustellen, dass ich die Anforderungen des 21. Jahrhunderts meistern kann, werde ich das sicherlich mit einem ERP-System auch nicht besser bewältigen.
Die Frage also lautet: Bin ich flexibel genug in meiner Struktur und transparent in meinen Entscheidungswegen, oder bin ich im Grunde noch eine klassische hierarchische Organisation, in der Anforderungen und Strategien von oben nach unten rieseln und Information über das, was am Markt geschieht, gefiltert zurück nach oben getragen werden. Und in der man sich monatlich über Abweichungen vom längst obsoleten Plan unterhält in KPI-Sitzungen, die nie nach dem "Warum machen wir das?", sondern immer nach dem "Wer ist verantwortlich?" fragen.

Softwarelösungen allein lösen nichts. Was digital entsteht, muss analog weiterverfolgt werden und anders herum. Wissen, das in einer Datenbank liegt, ist noch immer keine Expertise. Technische Lösungen können Information unterstützen, sie ersetzen aber nicht Entscheidungen, die zum Wohl des Kunden beitragen sollen.

ERP-Systeme können wunderbare Antworten liefern - sie nehmen die Menschen aber nicht aus der Verantwortung, die richtigen Fragen zu stellen.

Wenn ich bereit bin, die Unternehmensstrukturen und die Unternehmenskultur an die moderne Zeit anzupassen, kann ERP ein winziger Baustein sein. Nicht mehr.

Welche Veränderungen erwartest Du im ERP-Markt? Welche Art von Anbietern haben Zukunft?

Der ERP-Markt wird zu einem Kundenmarkt - künftig wird nicht mehr der bisherige Haus-und-Hof-ERP-Lieferant das Sagen haben, sondern überwiegend die ERP-Anwender. Sucht der Anwender neue Lösungen, sei es für Teilbereiche oder auch für mehr, wird er sich nicht mehr wie bisher ziemlich alternativlos an seinen üblichen ERP-Komplett-Anbieter wenden, sondern sich aktuell am Markt orientieren und frei wählen. Damit ist die Zeit der langjährigen Bindung zum alleinigen ERP-Lieferanten vorbei.

Kunden werden Lösungsanbieter bevorzugen, die ihnen dabei helfen, die komplexen Probleme dieser Zeit zu meistern. So ist die Herausforderung des Autoherstellers nicht mehr, wie er noch sparsamere Automobile entwickeln kann, sondern wie er mit Mobilität im Zeitalter begrenzter Ressourcen und zunehmender Urbanisierung bei gleichzeitiger Digitalisierung umgeht. Sportartikelhersteller müssen ihre Produkte nicht mehr nur pünktlich in die Läden liefern, sondern sich gleichzeitig darüber Gedanken machen, welchen Stellenwert der stationäre Einzelhandel heutzutage überhaupt noch haben kann.

Plötzlich werden die bewährten Geschäftsmodelle (mit den darunter in Beton gegossenen Prozessen im ERP-System) angegriffen und von heute auf morgen abgelöst.

ERP-Systeme und deren Hersteller liefern auf diese existentiellen Fragen zur Zeit nur ungenügende Antworten.
Die Strategie muss heißen:  "Flexibilität" und "Eat Your Own Dogfood" - die Flexibilität, die die Anbieter beim Kunden predigen, müssen sie auch vorleben.
Es werden jene überleben, die den Kunden vom derzeitigen Blindflug in den Sichtflug begleiten.
Bei einzelnen Projekten sollte es darum gehen, die Ziele dem anzupassen, was momentan am sinnvollsten erscheint, und dafür die passenden Mittel auszuwählen, anstatt stur dem nachzurennen, was vor ewigen Zeiten beschlossen wurde.
Und statt das zu tun, was man sich einst vorgenommen hat, oder noch schlimmer, das zu tun, was man nun mal so macht, sollte es um die richtigen Resultate gehen. Nicht das machen, was der Kunde will, sondern das, was der Kunde braucht.

Zudem werden sich auch die Business-Modelle der Anbieter ändern: Mietmodelle werden die Regel werden – modulare und anpassbare Front-Ends lesen Daten aus, die der Kunde wieder verwerten kann. Die Business Logik dazu gibt’s in der Cloud.

Hersteller, die noch immer Monolith-Systeme kaufen, werden vom Markt verschwinden. Früher war ERP die Welt - heute ist es nur ein kleiner Teil dieser komplexen Welt. Nicht unbedeutend - aber die Welt funktioniert auch ohne.

Zu den Vorträgen von Eric-Jan Kaak können Sie hier Details finden, und sich anmelden:
Confare ERP-Infotag 2015, 6. Oktober, Wien Museum, Wien



Bio: Eric-Jan Kaak arbeitet als Senior Agile Coach bei IcoSense – ein IT-Startup Unternehmen in Zell am See. Nach langjähriger Tätigkeit als Controllingleiter und CIO in nationalen und internationalen Unternehmensgruppen, entwickelt und implementiert er nun gemeinsam mit Partnern und Kunden neue Organisations- und Businessmodelle um Firmen fit für die Herausforderungen der Digitalen Gesellschaft zu machen. Für seine Pionierarbeit bei der Einführung von kanban im IT-Umfeld wurde er 2013 mit dem Confare CIO Award ausgezeichnet – IBM bezeichnet  Eric-Jan als einer von weltweit 10 „Wild Ducks“ – Leute, die immer auf der Suche sind nach Neuem, und die  Neugier, Kreativität und Technologie zum Wohle aller miteinander verknüpfen.“