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Freitag, 15. Juli 2016

Speichertechnologie schafft Voraussetzungen für IoT Innovation? Expertengespräch mit Remo Rossi von NetApp

Speicher ist Commodity, möchte man meinen. In Zeiten der Digitalisierung könnte sich das ändern. Welche Auswirkungen hat die Flash-Speichertechnologie auf den Erfolg neuer Geschäftsmodelle? Was brauchen Unternehmen um auf Basis des Internet of Things effizienter zu arbeiten oder sogar neue Geschäftsmodelle zu entwickeln? Anlässlich unserer Kooperation beim 5. Swiss CIO SUMMIT haben wir mit Remo Rossi von NetApp darüber gesprochen welche Bedeutung Flash für Innovation ist und wie weit der Schweizer Markt fit für IoT ist.

Wie weit sind Schweizer Unternehmen tatsächlich beim Umsetzen von IoT und IoT Geschäftsmodellen?
Wenn man mit Schweizer CIO’s spricht, ist IoT weit oben auf deren Agenda. Von daher ja, Firmen versuchen ihre Prozesse mit IoT zu optimieren oder erschliessen für ihr Unternehmen neue Möglichkeiten und Services damit.

Welche Potenziale bietet IoT zukünftig?
Unternehmen stehen vor der Herausforderung ihre Produkte und Dienstleistungen den Marktanforderungen anzupassen. Auch etablierte Geschäftsmodelle müssen hinterfragt werden. Mithilfe neuester digitaler Technologien können komplett neue Geschäftsbereiche gestartet werden. Mit IoT können z.B. Herstellungs- und Logistikprozesse optimiert werden. So werden beispielsweise Einsätze mit dem Fahrzeugpark effizienter planbar. Andererseits können Qualitätssteigerungen durch frühzeitige Erkennung von Produktionsfehler, erreicht werden. Nicht zuletzt können basierend auf den Daten, die durch IoT überhaupt erst zur Verfügung stehen, neue Services geschaffen werden. So wird z.B. der Garage vom Autohersteller gemeldet, dass er ihr Fahrzeug zur Wartung aufbieten sollte.

Welche Herausforderungen kommen damit auf die interne IT zu? Wo gibt es Handlungsfelder?
Eine der Herausforderungen heisst „Datenmanagement“. Unternehmensdaten sind zu einem wettbewerbsentscheidenden Faktor geworden. Je besser ein Unternehmen den Mehrwert seiner Daten nutzt, desto besser gelingt es, sich durch einen herausragenden Kundenservice oder ein hoch individualisiertes Produkt vom Mitbewerb abzuheben. Alle wichtigen Entscheidungen die das Management trifft, basieren auf diesen Unternehmensdaten. Um die Anforderung zu erfüllen, ein Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen und die Datensicherheit zu gewährleisten, ist ein organisationsweites Datenmanagement unerlässlich. Erst mit einem organisationsweiten Konzept für das Datenmanagement gelingt es, die Datenverfügbarkeit durch alle Etagen sicherzustellen. Dies wird aber nicht alleine durch die IT sichergestellt. Auch die Fachabteilungen müssen miteinbezogen werden, da betriebswirtschaftliche Prozesse und IT-Technologien zusammenkommen und –spielen müssen.

Zudem hat die IT immer mehr zusätzliche Systeme zu betreiben. Werden diese auf neuen Plattformen aufgebaut, ergeben sich für die IT Mehraufwände, die mit den stagnierenden Budgets schlecht vereinbar sind. Entsprechend sind universell einsetzbare und homogene Systeme wünschenswert und für den Erfolg der IT unerlässlich.
Was sind die wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg von IoT Vorhaben?

-          Hohe Datenverfügbarkeit
-          Ein organisationsweites Datenmanagement in einer zentralen Wissendatenbank mit aktuellen Daten zur Analyse und Wahl des richtigen Use-Case für das Unternehmen
-          klar definierte Ziele und den zu erwartenden Nutzen für das Unternehmen
-          flexibel anpassbare und skallierbare IT Lösungen.

Möglicherweise möchte man zuerst im kleinen Stil ein proof-of-concept aufsetzen. Da bietet sich eine Cloudlösung an, die später ins lokale Datencenter verschoben werden kann.
Welche technologischen Trends sind in diesem Zusammenhang wichtig?

Aus Storagesicht gibt es hier sicherlich 2 Trends. Der eine ist der Preiszerfall von SSDs. Es ist mittlerweile am günstigsten und einfachsten auf eine reine SSD Lösung zu setzen. Das mühselige und ressourcenintensive Tiering entfällt komplett. Der andere sind Hybrid Cloud Lösungen, die bei Projekten mit unklaren Ausgang grosse Kosteneinsparungspotentiale mit sich bringen.
Wichtig sind leistungsfähige Serversysteme und Datenspeicher im Rechenzentrum, die rund um die Uhr verfügbar sind.
Damit die digitale Transformation gelingt, nutzen viele CIO’s bereits die schnelle Flash-Speicher-Technologie zur Optimierung der IT-Infrastruktur, um ihre Daten deutlich effizienter zu speichern und schneller verarbeiten zu können. Flash ersetzt im Rechenzentrum die energiefressenden und weniger leistungsfähigen Festplatten. Da Flashspeicher im Gegensatz zu Festplatten über keine beweglichen Teile verfügen – hier werden die Daten rein elektronisch auf Chips gespeichert – sinken die zum IT-Betrieb erforderlichen Kosten für Energie und Kühlung ganz erheblich. Mit Flash verringert sich der Stromverbrauch um bis zu 80% und den Lesezugriffen erfolgen bis zu 100x schneller.

Der Confare Swiss CIO AWARD wird am 22. September in Zürich im Rahmen des SWISS CIO SUMMIT verliehen. Anmeldung und Details auf www.ciosummit.ch
Einreichungen zum SWISS CIO AWARD sind bis zum 31. Juli möglich auf www.cioaward.ch

Dienstag, 28. Juni 2016

Künstliche Intelligenz und Robotik – Ist der Mensch ersetzbar?

Petra Augustyn ist Entrepeneur und Expertin für Künstliche Intelligenz. Im Blog Interview anlässlich des Confare Event #Digitalize 2016 – Industrial Innovation, das am 14. November in Linz stattfinden wird, nimmt sie Stellung zu den wuchtigen gesellschaftlichen und ethischen Fragen rund um den Digitalen Wandel, Roboter, die unsere Arbeitsplätze gefährden und den aktuellen Stand der Forschung rund um KI.

Zahlreiche Beschäftigte fürchten die Folgen des Digitalen Wandels? Wie berechtigt sind diese Ängste?
Behauptungen, das Ende der Welt stünde bevor, wenn Computer uns überflügeln und intelligenter werden als wir, so etwas macht Angst. Sachlich zu diskutieren ist mit Ängsten leider nicht möglich. Wer unter Flugangst leidet, dem helfen auch keine Statistiken über Absturzsicherheit von Passagierflugzeugen. Der Mensch wird sich trotzdem fürchten in ein Flugzeug einzusteigen. Es nützt auch nichts, die Angst vom Gesetzgeber reglementieren zu lassen. Das würde wenig bringen, außer, dass es uns unsere freie Gesellschaft kostet.  Es sollte uns als Gesellschaft gelingen mit Kontrollverlust, den Veränderungen, dem Neuen, dem Risiko, und der Unsicherheit umzugehen. Ansonsten werden wir in Kürze Zeugen von Debatten, die an Ausmaß, Intensität und Unsachlichkeit weit über das hinausgehen was dienlich ist.
Der Philosoph John Searl nutzt den Begriff der DEKLARATION. Eine Deklaration beschreibt die Welt und sie verändert zugleich die Welt. Ich nenne es, frei nach Odo Marquard, eine Philosophie des „Stattdessen“. Eine Deklaration schafft Veränderung, indem sie die Welt so beschreibt, als ob die beabsichtigte Realität bereits eine Tatsache wäre. Auf Deklarationen folgen Gegendeklarationen.

Wir werden in bestimmten Branchen große Veränderungen erleben. Im gesamten Pflegebereich zum Beispiel. In Deutschland rechnet das Statistische Bundesamt mit einem Anstieg von Pflegebedürftigen von 2,5 Millionen auf rund 4,5 Millionen für das Jahr 2050. Japan hatte sich bereits in den frühen 90iger Jahren entschlossen, auf Roboterforschung und Technologie zu setzen, um den demographischen Wandel entgegenzuwirken. Dort sind bereits Heberoboter und Vollwaschautomaten für Pflegebedürftige im Einsatz. Speziell in den Pflegeberufen kommt es bei Arbeitnehmern, durch die teilweise hohe Kraftbeanspruchung, zu körperlichen Spätfolgen. Dieser Berufsgruppe könnte damit massiv geholfen werden. Die mechanischen Tätigkeiten übernimmt der Roboter – der Mensch kontrolliert. Das ist kein Ersatz des Pflegers, sondern eine Ergänzung. Der seelische, menschliche Austausch wird niemals von einem Roboter bewerkstelligt werden können. Das werden Maschinen niemals abdecken können. Da ist menschliche Wärme, der Mensch, die humane Intelligenz gefragt. Und exakt für dieses Zwischenmenschliche hätte man dann auch viel mehr Zeit.
Es gibt unzählige Berufe, die sich durch Einsatz von Digitalisierung eine Erleichterung im Job erwarten können. Auch der gesamte Medizinbereich. Das beginnt in der Verwaltung eines Krankenhauses, geht über die Ärzteschaft und endet beim Röngtenassistent. Ich durfte neulich beobachten, welchen Zettelirrsinn Ärzte und Krankenschwestern ausgesetzt sind. Diese verlorene Zeit könnte viel sinnvoller für den Patienten eingesetzt werden. Stattdessen werden diese Menschen von Zettelwirtschaft erschlagen. Zynisch formuliert könnte man sagen, die Zettelwirtschaft hat sich von selbst, oder in sich totreguliert.

Würde man die Menschen, auch die Politiker gezielt informieren, über die gesellschaftlichen Vorteile, die intelligente Digitalisierungskonzepte bieten, wären die Zweifel und Widerstände um ein Vielfaches geringer. Die Menschen würden in fast jeder Berufsgruppe ihre persönlichen Chancen zur Optimierung, im good case auch zur Selbstoptimierung erkennen und bereitwillig an der Veränderung mitwirken. Wie in jeder Systemveränderung wird es auch jene geben, die den Transformationprozess nicht mitgehen wollen. Für diese Mitmenschen ist in einer gesunden Demokratie und einem aufrechten Sozialstaat, der sich massiv von einem Wohlfahrtsstaat abgrenzt, für gewöhnlich gesorgt. Doch die Anzahl derer wird gering sein, da Digitalisierung auch viele neue Arbeitsplätze und noch ungeahnte neue Berufe schaffen wird.
Welchen Impact kann man aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz erwarten?
Das ist ein sehr weites Feld. Ich werde versuchen es kurz zu skizzieren. Die Unternehmensberatung McKinsey schätzt, dass sich mit der Automation von Wissen - die Schlüsseltechnologie dazu ist Künstliche Intelligenz (KI) - 9 Billionen Dollar bis 2025 verdienen lassen. Mit Robotik, die ohne KI nur ein Haufen Blech wäre, weitere 6 Billionen und mit selbst fahrenden Autos weitere 4 Billionen Dollar.
Wir befinden uns derzeit im Bereich der schwachen künstlichen Intelligenz. Dazu zählt der gesamte Bereich von Big Data. Big Data sind dumme Daten. Computer können Daten sammeln, Muster erkennen, die Menschen bei der Analyse nicht sehen können, doch diese Computer sind derzeit nicht in der Lage, Daten aus unterschiedlichen Quellen miteinander zu vergleichen, oder komplexe, menschliche Verhaltensweisen zu interpretieren. Zu wirklich nützlichen Erkenntnissen kommen nur menschliche Analysen, oder eben superintelligente Computer (starke KI), die es bis dato jedoch nur in Science Fiction Movies gibt.
Über eine mögliche, gesellschaftliche Veränderung durch superintelligente Computer werden sich die Menschen erst im 22. Jahrhundert Gedanken machen müssen. Superintelligenz beruht auf einem inneren Motor und dem totalen Nutzenmaximieren. So ein System, dass die Analyse seiner Umwelt immer weiter optimiert und die Repräsentation dieser Optimierung als Grundlage weiterer Optimierung nennt, agiert als Superoptimierer. Dafür braucht es komplett neue Computer, also Hardware. Derzeit agieren wir mit unseren Rechnern im Terabereich. Um starke KI zu erwirken braucht es Maschinen, im Petabereich (1 mit 15-Nullen) und darüber hinaus. Im Vergleich: bislang ist kein Computer weltweit mit höherer Speicherkapazität ausgestattet, als das Gehirn eines Kleinkindes (das kindliche Gehirn agiert im Petabereiche). Wir haben also kein Software, sondern ein Hardwareproblem. Der Quellcode für starke KI wird im Rückblick sehr einfach sein - nur ein paar simple Prinzipien. Jedes Kind wird solche Systeme einsetzen können.
KI ist also keineswegs der Versuch die menschliche Intelligenz nachzubauen, nur deren Flexibilität, Leistungsfähigkeit bei der Problemlösung ist für diesen Ansatz relevant. Ein Anthropozentrisches Konzept von Intelligenz interessiert Maschinen nicht. Anthropozentrisch bedeutet, dass sich der Mensch selbst als den Mittelpunkt der weltlichen Realität versteht. Dennoch stellen wir heute jene Weichen, wie wir als Menschheit in Zukunft mit diesen neuen Technologien umgehen wollen. Darin liegt die Verantwortung unserer Generation, für alle nächsten Generationen.

Welche Auswirkungen gibt es für unsere Arbeitswelten?
Technologie soll uns helfen, unsere Umwelt schneller zu verstehen und auch berechenbar zu machen. Menschen und andere Lebewesen interessieren sich vor allem für die, mit denen sie zusammenarbeiten, oder im Wettbewerb treten können. Politiker interessieren sich vermehrt für andere Politiker, dann erst für den Wähler. Kinder interessieren sich für andere Kinder gleichen Alters. Superkluge, künstliche Intelligenzen werden sich für andere superkluge, künstliche Intelligenzen interessieren. So wie Menschen zunächst an anderen Menschen interessiert sind und nicht an Ameisen.
Den Büroalltag werden uns Produkte mit Sensorentechnik vereinfachen. Wir werden in green-tech buildings, in energieautarken Ecosystemen arbeiten und auch wohnen. Roboter, nicht Menschen werden in Katastrophengebieten zum Einsatz kommen. Wir werden mit Hilfe von Maschinen bessere Materialien erfinden und unentdeckte Grenzen erkunden. In der Medizin wird es in allen Bereichen neue Hard- und Software geben. Die Auto- und Energieindustrie wird sich neu konsolidieren. Vielleicht erleben wir sogar Megafusionen. Wir werden diese Maschinen nicht nur nutzen, wir werden mit ihnen zusammenarbeiten. Die Werbeindustrie wird uns mit Werbung für die Nerven, also für das rationale Handeln die Informationen liefern. Die Firma Clarifi aus NY errechnet heute schon den idealen Zeitpunkt für die Aufmerksamkeit und die Kaufbereitschaft von Kunden. Durch Targeting mit sensorischen Eigenschaften gekoppelt, können Werber die Gefühle von Konsumenten nahezu organisch stimulieren und die Gefühlslagen mit Geräuschen und Vibration verändern. Es gibt noch unzählige andere Beispiele.

Wie kann man die Menschen unterstützen, bei diesem Wandel nicht unter die Räder zu kommen?
Stephen Hawking sagte einmal bei einem Vortrag: würde eine überlegene außerirdische Zivilisation die Botschaft senden: „wir werden in wenigen Jahrzehnten ankommen!“ - würden wir dann einfach antworten: "okay, sag uns Bescheid, wir lassen dann mal das Licht an." Vermutlich nicht. Wir würden uns vorbereiten - und das in der Gemeinschaft. Wenn eine superintelligente Maschine je existieren sollte, dann wären die Implikationen für die Menschheit immens. Selbst wenn nur eine sehr geringe Chance besteht, dass derartige Maschinen in absehbarer Zeit entwickelt werden könnten, ist es wichtig, dass wir anfangen, ernsthaft über die Natur und die Implikationen nachzudenken. Deklarationen, Gesetze und Regeln unseres Zusammenlebens könnten als Marktmechanismen nachgebildet werden und auch umgeformt werden. Politik wird so direkt in Ökonomie umgesetzt. Fehlt es der Politik an Wirkungskraft, banalisiert sie sich auf Dauer selbst und schafft sich im worst case sogar ab. Der Zugewinn an Freiheit und Effizienz wäre dann dahin. Shane Legg, der Gründer von Deep Mind entwickelte ethische Zielfunktionen, um bestimmten ungewünschten Tendenzen entgegenzuwirken. Er empfiehlt jeder Regierung, es in den Verfassungen festzuschreiben. Künstliche Intelligenz, sollte staatlich beaufsichtigt werden, wie Atomkraft, um sich optimal zum Wohle aller nutzen zu lassen:

Hier einige Ansätze aus dieser ETHISCHEN ZIELFUNKTION:
•             die Menschenwürde muss auf die persönlichen Daten erweitert werden.
•             Grundrechte für Datensubjekte
•             Verkauf persönlicher Daten an Dritte ist zu verbieten, oder es müssen entsprechende Gegenleistungen geboten werden.
•             Die Privatsphäre muss unantastbar und sensorfrei bleiben, es sei denn diesem Datenabgriff wird explizit zugestimmt.
•             es müssen internationale Algorithmenabkommen geschlossen werden, die ausländischen Organisationen den Zugriff auf persönliche Daten nur aufgrund von expliziten Gesetzen, Beschlüssen, Verträgen gestattet.
•             der Export von Spähsoftware muss verboten werden.
•             KI Forscher müssen sich der Verantwortung bewusst sein, die eigene Geschichte verstehen und Aufklärungsarbeit leisten.
•             Aufklärung über Daten gehört in den Schulunterricht.
•             die Sensibilität der gesamten Bevölkerung zum Thema muss erhöht werden.
•             zivile Organisationen sollten sich die technologische Revolution nicht jenen überlassen, denen die Demokratie egal ist, oder die sie als Hemmnis beachten.
•             und das aller Wichtigste! Eine nichtstaatliche Organisation muss dieses Thema anpacken und auf die Agenda setzen.

Zusammengefasst kann man sagen, die wertvollsten Unternehmungen der Zukunft interessiert es nicht, welche Aufgaben ein Computer allein übernehmen kann, sondern wie Computer die Menschen bei der Durchführung schwieriger Aufgaben unterstützen. Künstliche Intelligenz wird sich niemals über Human Intelligenz erheben können.
#Digitalize 2016 - Industrial Innovation findet am 14. November 2016 in Linz statt und bietet Perspektiven und Potentiale des Digitalen Wandels für die österreichische Industrie.
Die Plattform für Österreichs Industrieprofi s zu gestalten - Innovation. Märkte, Kunden, Prozesse – Österreichs Industrie fit machen für die Herausforderungen des Digitalen Business. Anmeldung und Details finden Sie auf www.confare.at

Montag, 27. Juni 2016

4 Kriterien die zeigen, ob Enterprise Software fit für die Digitalisierung ist

Im Rahmen des 9. Confare ERP Infotages bietet SAP Kurz-Assessments zur Digitalen Reife von Unternehmen an. David Hable begleitet solche Assessments und daher haben wir ihn im Vorfeld der Veranstaltung gefragt, was man bei der Auswahl von Software in Zeiten der Digitalisierung beachten muss und was den Digitalen Reifegrad von Unternehmen ausmacht.

Was sind die Schlüsselfaktoren, die die Fitness eines Unternehmens für den Digitalen Wandel ausmachen?
Im Auftrag der SAP hat sich das IT-Forschungshaus IDC mit den Schlüsselfaktoren auseinandergesetzt, die die Fitness eines Unternehmens im digitalen Wandel ausmachen. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass hierbei insbesondere die folgenden fünf Kernelemente relevant sind:  
1.            Leadership:
Eine optimale Führungsinstanz versetzt Unternehmen in die Lage, eine Vision für die Digitale Transformation von Produkten, Dienstleistungen und Erlebnissen zu entwickeln und darauf aufbauend Mehrwerte für das eigene Ökosystem (Partner, Lieferanten, Kunden, eigenes Unternehmen/Mitarbeiter) zu schaffen.
2.            Omni-Experience:
Omni-Experience bezeichnet einen multidimensionalen Ansatz, mit dem Unternehmen ihr gesamtes Ökosystem proaktiv und interaktiv in ihre Digitalisierungsstrategie einbinden können. Damit sollen konstant innovative Produkt- bzw. Dienstleistungserlebnisse für Kunden, Geschäftspartner und die eigenen Mitarbeiter geschaffen werden.
3.            WorkSource:
Diese Dimension bezieht sich auf die stetig veränderte Art und Weise, wie Unternehmen ihre Geschäftsziele durch effektive Prozesse bei der Suche, der Einstellung und der Integration von Personal erreichen können. Veränderungen und Verbesserungen werden durch digitale Interaktionen und Zusammenarbeit (Vernetzung, Beziehungen, Werkzeuge, hohe maschinelle Intelligenz) erzielt.
4.            Operating Model:
Dieser Punkt beschreibt die Etablierung von Prozessen und Arbeitsabläufen die dabei helfen, in der Digitalen Transformation neue Geschäftsmodelle operativ umsetzen zu können.
5.            Information:
Letztlich ist das Erkennen des Business Values von Informationen ein wichtiger Faktor der Fitness eines Unternehmens. Diese Daten werden dabei für eine bessere Entscheidungsfindung und die Optimierung von Geschäftsprozessen und Produkten genutzt. Zudem fließen sie laufend in die Entwicklung digitaler Produkte und Dienstleistungen ein. Informationen werden vom Unternehmen als Wettbewerbsvorteil erachtet, um schneller auf neue Marktanforderungen zu reagieren.

Wie können etablierte Unternehmen die entscheidenden Handlungsfelder finden?
Zuerst empfehlen wir mit Hilfe des IDC Maturity Modells die Reife des eigenen Unternehmens anhand der oben genannten Bereiche zu evaluieren. Dabei wird die aktuelle Ist-Situation durch eine Befragung erhoben und einer Zielgruppe im deutschsprachigen Raum gegenübergestellt.  Anschließend unterstützen wir unsere Kunden mithilfe verschiedenster DesignThinking Methoden das für sie passende Digitalisierungsszenario zu identifizieren. 

Welche Rolle spielt der menschliche Faktor?
Der menschliche Faktor spielt in Bezug auf Digitalisierung in vielerlei Hinsicht eine enorme Rolle. Zum einen geht es im oben beschriebenen Bereich Leadership mitunter auch darum, dass das Führungsteam des Unternehmens eine innovative Kultur im Unternehmen fördert und diese auch unterstützt. Darüber hinaus ist es wichtig ein möglichst vielschichtiges Team zu haben, da der Austausch zwischen unterschiedlichen Generationen bzw. unterschiedlichen Professionen die Kreativität extrem fördert.  

Welche Anforderungen stellt der Digitale Wandel an die Unternehmenssoftware?
Die Anforderungen an Unternehmenssoftware im Zuge des digitalen Wandels sind vielschichtig. Folgende Punkte sollten aber definitiv beachtet werden:
•             Einsatz von Real Time- und Big Data-Analysen:
Mit Hilfe von modernen In-Memory Datenbanken können große Datenmengen in Echtzeit verarbeiten werden. 
•             Integration:
Abteilungsgrenzen lösen sich immer weiter auf und Unternehmenssoftware muss diese Entwicklung durch umfangreiche Integration unterstützen können.
•             Schnelle Innovationszyklen:
Fachbereiche benötigen schnell implementierbare, intuitiv bedienbare und mobile Anwendungen. Hierzu eignen sich insbesondere moderne Cloud-Anwendungen.
•             Skalierbar und Flexibel:
Schnelle Marktveränderungen verlangen nach leicht anpassbaren Systemen. Die Agilität der Systeme bietet enorme Wettbewerbsvorteile.

Der Confare ERP-Infotag ist jährlicher Treffpunkt für ERP Entscheider, mit zahlreichen aktuellen Umsetzungs- und Erfahrungsberichten. Die führenden Anbieter zeigen die Potenziale Ihrer Lösungen und Integratoren präsentieren ihre Branchenerfahrung. In Zusammenarbeit mit SAP bietet Confare im Rahmen der Veranstaltung ein Digital Business Assessment - Anmeldung und Details: www.erp-infotag.at

Donnerstag, 17. Dezember 2015

Aktuelle Studie: 5 Schlüsselfaktoren für Erfolg mit INDUSTRIE 4.0


Anlässlich des angekündigten Vortrages beim 9. Confare CIO SUMMIT haben wir mit Dr. Benjamin Kettner, CTO der ML!PA Consulting GmbH  und Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Thomas Pietsch aus Berlin ein e-Interview zum Stand von Industrie 4.0 und die Auswirkungen auf Unternehmen. Die geschilderten Erfahrungen und Erkenntnisse basieren auf zwei gemeinsam durchgeführten Projekten. Im ersten Projekt wurden Experten aus ausgewählten Unternehmen (Einzelfertiger, Massenfertiger, Energie, Logistik) zu ihrer Haltung und ihrer Einschätzung zum Thema „Digitalisierung“ befragt und ausgewertet. Im zweiten Projekt, das noch läuft, wird das RAMI 4.0 (Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0) in handhabbare Subsets zerlegt und auf die Belange von Unternehmen mit speziellen fachlichen Einsatzbereichen angepasst.

Wie weit ist die Digitalisierung in unterschiedlichen Branchen?
Digitalisierung im Energiesektor:

Im Energiesektor sind die Anlagen, also Photovoltaik, Windkraft, konventionelle Kraftwerke oder Biogasanlagen, meistens mit umfangreicher Sensorik ausgestattet. Diese Sensoren sind nötig, um den Betrieb zu überwachen. Allerdings „kocht hier jeder Hersteller und Betreiber sein eigenes Süppchen“. Es findet beispielsweise in einem Windpark, in dem Anlagen nahezu aller größeren Hersteller anzutreffen sind, keine anlagenübergreifende Kommunikation der gesammelten Daten statt.
Wenn Sie wissen, dass die Wartungskosten alleine im Betrieb einer Offshore-Windenergieanlage im Millionenbereich liegt und bei herkömmlichen Onshore-Anlagen bis zu 30% der Errichtungskosten betragen, dann können Sie sich vorstellen, wie groß das Potenzial in der Energiebranche ist, das durch eine Digitalisierung ausgeschöpft werden kann.

Die an unserem Projekt beteiligten Experten der Energiebranche waren sich einig, dass die Umsetzung der ‚vierten industriellen Revolution’ in ihrer Branche noch in den Kinderschuhen steckt und dass das Thema Mensch hier höchstens am Rande stattfindet. Dabei wäre eine 360-Grad-Sicht, die den Menschen bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten in den Mittelpunkt stellt und eine zentrale Plattform für den Wissenstransfer darstellt gerade hier ein großer Gewinn.
Digitalisierung in der Massenproduktion:

Digitalisierung im Sinne von Erfassung und Auswertung von Produktionsdaten ist für Massenfertiger eigentlich nichts Neues. Bereits vor Jahren kursierten hier ja bereits die Begriffe CAM (Computer Aided Manufacturing) und CIM (Computer Integrated Manufacturing). Allerdings sind in der industriellen Massenproduktion die Situationen der Player auch sehr breit gefächert. Einerseits sind hier die Margen oftmals so gering, so dass sich ein Nachrüsten von Produktionsstrecken nicht rechnet, in anderen Fällen gibt es durch das Überwachen und Feinsteuern der Fertigungsprozesse ein erhebliches Potenzial für die Qualitätssteigerung oder  sicherung.
Trotz langjähriger Erfahrungen sieht sich die Branche noch lange nicht auf der Zielgeraden bei der Umsetzung der digitalisierten Produktion. Ein Interviewpartner aus einem Branchenverband schätzte sogar, dass es noch bis zu 30 Jahre dauern könnte, bis die Vision der vernetzten Produktion hier vollständig umgesetzt und das Potenzial, der menschlichen Tätigkeit einen Qualitätsschub zu verleihen, ausgeschöpft sei. Die Unterstützung der am Produktionsprozess beteiligten Menschen stellt hier das vorrangige Ziel dar.

Digitalisierung in der Einzelfertigung:
Auch im Bereich der Einzelfertigung wird der Begriff ‚Industrie 4.0’ eher als eine Fortsetzung begonnener Wege unter einem neuen Schlagwort gesehen. Da es hier allerdings um die Optimierung einer Produktion mit der Losgröße 1 geht, stellt die erhöhte Transparenz der Produktion bei den für einzelne Kunden konfigurierten Einzelstücken allerdings einen zusätzlichen Mehrwert dar, der in der Massenfertigung nicht von Bedeutung ist.

Ebenfalls für einen Mehrwert sorgt ein Monitoring, das in Echtzeit Informationen zum Produktionsprozess liefert und die Möglichkeit bietet, die Frequenz der Produktionsplanung erheblich zu erhöhen und dadurch nicht mehr „zeitaufwändig an der Realität vorbei“ zu planen. Das Potenzial der Digitalisierung steckt für Einzelfertiger also in der Transparenz und in der Geschwindigkeit, mit der die Planung auf veränderte Marktanforderungen reagieren kann. Beim Customizing der Produkte stehen die beteiligten Menschen mit ihrer Fachkompetenz und vor allem mit einer vertrauensvollen Kommunikation mit dem Kunden in einer besonderen Verantwortung. Hier wird auch ein Mehrwert in Technologien wie Augmented Reality und Assistenzsystemen gesehen, die den Menschen bei seiner Arbeit unterstützen.
Digitalisierung in der Logistik:
Durch sehr hohen Zeit- und Kostendruck steht die Logistikbranche schon seit langem unter dem Druck, ihre Prozesse optimieren zu müssen. Eine Digitalisierung sowie die digitale Unterstützung des Planungsprozesses sind deshalb hier schon sehr weit entwickelt. Vor allem aus seiner Rolle als Schnittstelle zwischen geschäftlich handelnden Akteuren, die ihrerseits mit einer erhöhten Transparenz und Vernetzung in ihren jeweiligen Branchen die Rahmenbedingungen verändern, erwachsen für die Logistik ständig neue, komplexe Herausforderungen. Ein wesentliches Ziel ist es dabei, den Aufwand für die Logistik so gering wie möglich zu halten und neben der höheren Transparenz durch eine verbesserte Planung die Auslastung zu verbessern. Das führt dazu, dass die Logistik stärker als andere untersuchte Branchen offen ist für neue Technologien wie z. B. Assistenzsysteme für Fahrer und Lageristen sowie die IT-unterstützte Auswertung von Daten für die Prozessoptimierung.

Eine Lösung für die Erfassung und Verteilung von Daten durch räumlich verteilte Systeme in den Flotten existiert bislang zwar nur teilweise, aber die in der Logistik arbeitenden Menschen denken prozessorientiert und sind es gewöhnt, IT-Systeme zur Optimierung zu nutzen.

Was sind die 5 wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiche Industrie 4.0 Projekte?
1.           Wer Industrie 4.0 will, der muss zuerst seine schriftlichen Hausaufgaben machen, also alles transparent dokumentieren und verfügbar machen, um seine Prozesse im Griff zu haben, also genau zu wissen, wann wo was geschieht. Nur dadurch ist es den Mitarbeitern möglich, den Überblick über die automatisierten Prozesse zu behalten.

2.           Wer Industrie 4.0 will, der muss den Menschen mitnehmen, also sowohl Qualifizierung also auch Mitarbeiterführung auf die veränderte Situation anpassen, also Management 3.0 beherrschen.
3.           Wer Industrie 4.0 will, der muss mit allem rechnen, also ein hohes Maß an Aufmerksamkeit für die Aktivitäten und ihre Wirkungen haben und damit sind die Belange einer veränderten Kommunikation genauso gemeint, wie Haftungsfragen bei einer automatisierten Produktion. Eine automatisch gesteuerte Produktionskette kann dem Menschen nicht nur die Arbeit erleichtern, sie kann auch zur Gefahr für den Mitarbeiter werden.

4.           Wer Industrie 4.0 will, der muss die Karten neu mischen, also bereit sein, die Positionen aller Protagonisten zu verschieben, ihnen neue Rollen und neue Positionen zu geben und sie in neue Relationen einzufügen.
5.           Wer Industrie 4.0 sagt, der muss den Gesamtkontext sehen, also dass es sich hierbei nicht um eine technische, sondern um eine sozio-technische Entwicklung handelt, die allerdings keine Revolution ist, sondern eine Evolution und bei der trotz aller technischen Automatisierungen der Mensch weiterhin die Verantwortung für alles das trägt, was im Unternehmen geschieht.


Erfahrungsaustausch und Weiterbildung sind wichtige Faktoren um den Wandel zu bewältigen. Das 9. Confare CIO SUMMIT mit dem Motto: „Im Mittelpunkt: Der Mensch“ bietet dazu „den österreichischen IT Treffpunkt von internationalem Format“. Hier wird der CIO AWARD verliehen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen und EY im Rahmen des 9. CIO & IT-Manager Summits am 6. und 7. April 2016 verliehen. Anmeldung und Details auf www.ciosummit.at
www.ciosummit.at

Montag, 2. November 2015

Veränderung meistern mit Kanban – Agilität, Change und Leadership in der IT

Digitalisierung und Disruption vor der Tür - Rette sich wer kan(ban)

Michael Leber, Agile Experts e.U., Lean & Agile Coach, anlässlich des Confare Seminares „Kanban Leadership Perspektiven“ über den Einsatz von Kanban in der IT und wie sich die Rolle der IT im Unternehmen verändert. Anmeldung und Details zum Seminar am 26. April in Wien finden Sie hier
Warum sollten sich IT-Entscheider dem Thema Kanban widmen? Worin besteht der tatsächliche Nutzen?

Nun dafür sollten wir uns vorweg der Frage zuwenden, was IT-Entscheider derzeit insgesamt bewegt. Da ist erstmal das Thema der Positionierung. Die IT kann für die zukunftsweisende Ausrichtung eines Unternehmens längst nicht mehr als reines Cost Center geführt werden. Kaum eine Branche, in der die IT-Capabilities nicht integraler Faktor der Produkt- und Dienstleistungspalette wären. Denken wir nur an „Big Data“, so wird klar, dass der IT-Faktor endgültig über die Wettbewerbsfähigkeit mitbestimmt. Das „Internet of Things“ haucht den Produkten mit Hilfe von IT-Technologie Eigenleben ein und schraubt die Challenge „Big Data“ exponentiell weiter nach oben.
In Anlehnung daran geht auch die „Digitalisierungswelle“ weiter - ein vermeintlich neuer Hype, von dem so manche noch gar nicht wissen, was er bedeuten kann. Fest steht, dass da plötzlich und völlig ungebeten neue Dynamiken rund um Mobiltechnologien, Apps und eine schlanke Gründerwelle entstehen. Eine schier endlose Vernetzung bei drastisch sinkenden Transaktionskosten tragen dazu bei, dass binnen kurzer Zeit bestehende Industrien und Geschäftsmodelle mit neuartigen Services aushebelt werden. Die Hoffnung darauf, dass sich das wieder legt, mag getrost verworfen werden.

Dies stellt IT-Organisationen, IT-Strategien und vor allem deren Umsetzung auf neue Belastungsproben, wenn Märkte neue Taktzahlen vorgeben und sich weitestgehend regelmäßig neu erfinden. Außerdem soll es schon vorgekommen sein, dass die eine oder andere IT Organisation von Überlast, diffusen Fragestellungen in Hinblick auf Portfolioentscheidungen, aber auch von Qualitätsproblemen geplagt wurde. Bleibt da also unterm Strich weiter die Hoffnung auf größer angelegte Change-Programme, die eine endgültige Befreiung einläuten könnten? Aber das hatten wir doch auch schon das eine oder andere Mal bei durchwegs durchschnittlichem Erfolg?!
Fasst man die Agenda für IT-Entscheider willkürlich zusammen, so geht es wohl immer noch um die Auflösung der Krux rund um:
·        den Fokus auf die richtigen Themenfelder, möglichst synchron oder gar integriert mit dem Kerngeschäft
·        dazu der Abgleich der Leistungsfähigkeit der IT-Organisation mit geschäftlichen Risiken und Opportunities
·        somit unweigerlich die Verbesserung der Reaktionsfähigkeit und Ansprache gegenüber Stakeholdern
·        last but not least, die Steigerung der Servicequalität

All das soll jedoch unter oft widersprüchlichen Bedingungen stattfinden, wie z.B. Kostendruck und dem gleichzeitigen Ruf zur Nivellierung der Arbeitslast. Klagen doch die einen oder anderen IT-Organisationen über eine zunehmende Zahl an Krankenständen oder gar an Burn-outs.
Und nun wieder zurück zu Kanban - wo setzt Kanban hier an? Kurz gesagt, die Agenda von Kanban verfolgt die nachhaltige Steigerung der Effektivität einer Organisation auf vier Ebenen:

·        Fokus auf die richtigen Themenfelder und Aufgaben (Leistungsportfolio, Projekte und Services)

·        Leistungserstellung in laufenden Projekten und Services

·        Delivery in Richtung der interessierten Stakeholder

·        sowie eine fundierte laufende Verbesserung des gesamten Geschäfts
Damit fungiert Kanban als Motor für ein fortlaufend evolutionäres Change Management, das nicht nur hilft, ein aktuelles Leistungsportfolio besser auszurichten, sondern vor allem auch die Sensorik für künftige Optionen quer durch die Organisation zu etablieren.

Was unterscheidet Kanban von anderen Agilen Herangehensweisen?
Die Kanban Methode selbst versteht sich eigentlich gar nicht als Agile Herangehensweise, wie man sie vielleicht von Scrum her kennt. Kanban ist vielmehr ein Katalysator, mit Hilfe dessen die Geschäftsagilität durch variantenreiche Bedienung der oben genannten 4 Stellhebel gesteigert werden kann. Kanban kommt auch nicht mit neuen Prozessen oder Rollen ins Unternehmen. Vielmehr adressiert es die Verbesserung dessen, was bereits da ist - bestehende Prozesse, egal ob klassische Life-Cycle-Prozesse, Scrum oder ob hauseigenes Vorgehen. Kanban wirkt also in der klassischen Welt ebenso wie in der agilen. An die Stelle des Versprechens neuartiger Methoden tritt ein individuell dosier- und konfigurierbarer Zugang, der bei Bestehendem ansetzt, aber wie ein unerbittlicher Spürhund jede Menge Optionen zur Verbesserung aufgreift. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen: 400% Steigerung des Durchsatzes, 50-90% Reduktion von Durchlaufzeiten und all das bei Steigerung von Qualitäten, sind absolut keine Seltenheit.

Mit Hilfe von Kanban steigern IT-Organisationen nachhaltig ihre Performance und entwickeln gleichzeitig ein immer besser werdendes Instrumentarium in der Handhabe aktueller Herausforderungen auf allen Ebenen. Damit schaffen sie Raum für eine höhere Flexibilität im Umgang mit künftigen Geschäftsoptionen.
Gibt es Spezifika für den Einsatz von Kanban in einer IT-Abteilung, im Vergleich zu anderen Business Units?

Eigentlich war ja oben immer wieder von IT-Organisationen die Rede. Und eigentlich trifft diese einschränkende Sicht gar nicht zu. Richtig ist nämlich, dass sich die Methodik für alle Bereiche einer Organisation und ebenso für alle Branchen hervorragend eignet. Denn welche Arten von Services und Aufgaben „kanbanisiert" werden, hängt von vom aktuellen Scope ab. Kanban kann also ebenso gut wie es die Softwarenentwicklung und den Betrieb einer IT-Abteilung stützt, im Marketing, im Vertrieb, in der Rechtsabteilung, in HR etc. seinen Dienst tun. Ja, es ist sogar keine Seltenheit, dass wir im Rahmen von Projekten nach und nach mehr Bereiche des Unternehmens mit Kanban versorgen, unterschiedliche Kanban-Systeme miteinander verschalten, wenn sich einmal die Wirksamkeit herumgesprochen hat.

Einen kleinen Unterschied gibt es aber doch noch: während in IT-Abteilungen eher eine Tendenz zum Methodenstreit angetroffen wird, so ist dies in anderen Abteilungen von Haus aus eher nachrangig. Der Kanban-Zugang ist in beiden Fällen relativ leicht aufzugreifen, geht es doch speziell am Beginn darum, eine Organisation und ihre Mitarbeiter mit sehr viel Respekt für Bestehendes wieder handlungsfähig zu machen.
Und naturgemäß ist da heutzutage noch ein weiterer kleiner Unterschied, der Kanban in IT-Abteilungen ausmacht. Wir beschäftigen uns im sogenannten „Delivery Kanban“ vorwiegend mit der Herstellung bereits entschiedener Produkte und Services. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht hier die Flow-Optimierung durch Reduktion von Fehlern und Mängeln aus der Zusammenarbeit mit internen oder externen Partnern (z.B. Nachbarabteilungen, Zulieferern). Im Gegensatz dazu ist flussaufwärts in den Geschäftsbereichen mittels „Discovery Kanban“ eher die Beschäftigung mit dem richtigen Portfoliomix und der künftigen strategischen Ausrichtung im Vordergrund. Beide Kanban-Exemplare reichen sich natürlich an den Schnittstellen die Hände. Und haben wir irgendwann mal IT als Kernkompetenz einer Organisation verstanden, so wird diese hoffentlich auch im „Up-Stream" ein Wörtchen mitreden.

Was ist beim Umsetzen zu beachten? Welche Fehler sollte man vermeiden?
Vereinfacht auf den Punkt gebracht, sollte man Kanban nicht auf Zettel an der Wand oder in einem elektronischen Tool reduzieren. Dann würde man die eigentliche Agenda von Kanban (siehe oben) und natürlich deren Potentiale links liegen lassen. Zusätzlich tappen Uninformierte immer wieder in ähnliche Fallen und warten dann wohl heute noch auf erhoffte Effekte. Um diese zu vermeiden gilt es zumindest die folgenden Punkte zu beachten:
  • wenn auch evolutionär, bedeutet Kanban immer noch „Change“. Und auch der will sorgfältig vorbereitet und betrieben werden
  • die erste Regel, wieder Luft zum Atmen zu bekommen lautet: „Arbeit im System kontrolliert reduzieren“
  • Kärtchen am Bord verschieben genügt nicht. Verbesserungspotentiale wollen systematisch aufgespürt und validierbar verfolgt werden
  • Verbesserung im eigenen System (z.B. in einem einzelnen Team oder bloß in der IT) ist längerfristig zu wenig. Letztlich macht es nur Sinn, die Verbesserungsschleife end-to-end vom Kunden und wieder zurück zum Kunden (idealerweise: Endkunden!) zu betreiben
  • Kanban ist nicht nur Methodik, sondern setzt bei der Strategie der Organisation, vor allem aber auch dem Wertesystem der handelnden Personen an. Damit adressieren Sie Leadership auf allen Ebenen und verankern Change künftig als Kompetenz aller Mitarbeiter
Zusammengefasst: mit Hilfe von Kanban können Sie Ihr (IT-)Geschäft wieder so richtig in den Griff bekommen. Die Ziele lauten: Drastische Steigerung Ihrer Service-Qualität in Projekten, in der Produktentwicklung, im Betrieb und darüber hinaus. Sie erhalten ein neues Instrumentarium für die  Entscheidungsfindung. Und Sie verpflanzen das Change- und Leadership-Gen in die Kultur Ihres Unternehmens. Auf dieser Basis weiten Sie die Positionierbarkeit Ihrer Abteilung als Top-Business-Partner zum effektiven Strategie-Mitgestalter Ihres Unternehmens aus. Sie erzielen "Business Agility“ auf allen Ebenen.

Wenn Sie jetzt neugierig geworden sind, dann kommen Sie doch zu einer unserer nächsten Veranstaltungen „Kanban Leadership Perspektiven“ mit Confare GmbH. Der nächste Termin dazu bereits am 26.April
in Wien.

Montag, 19. Oktober 2015

Was bedeutet das Ende von Safe Harbor für österreichische Unternehmen: Datenschutzexperte Siegfried Gruber im Blog Interview

Heute startet der Confare Lehrgang zum zertifizierten Datenschutzbeauftragten unter der Leitung von Siegfried Gruber. Er ist als Experte der O.P.P. täglich mit praktischen Fragen des Datenschutzes befasst. Anlässlich des Erfolges von Max Schrems und der Initiative Europe vs. Facebook haben wir mit ihm über die Folgen dieser Entscheidung für heimische Unternehmen gesprochen.

Wie beurteilst Du den Fall des Safe Harbor Abkommens – Ein großer Erfolg für den Datenschutz?
Spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden war evident, dass auch eine bestehende Safe Harbor Bescheinigung kein Hindernis für einen möglichen Zugriff der amerikanischen Behörden auf alle Daten dieser Unternehmen ist. Ob es sich um einen „großen Erfolg für den Datenschutz“ handelt, scheint fragwürdig. Durch die weltweite Vernetzung sowohl kommerzieller als auch technischer Natur ist davon auszugehen, dass personenbezogene Daten Europäischer Unternehmen auch weiterhin in den USA verarbeitet werden, bzw. amerikanische Unternehmen Niederlassungen auf dem Boden der EU betreiben und diese Daten somit in der EU verwenden. Das Interesse der amerikanischen Behörden an diesen Daten scheint ungebrochen.

Die Kündigung des Safe Harbor Abkommens macht die Übermittlung oder Überlassung von Daten an Unternehmen in den USA aber nicht generell unzulässig, sondern bedingt eine Vorab-Genehmigung dieser Datenweitergabe durch die Aufsichtsbehörden. Im Rahmen dieses Ansuchens muss glaubhaft gemacht werden, dass ein angemessenes Datenschutzniveau beim Empfänger der Daten sichergestellt ist.
Welche Auswirkungen hat das auf die heimischen Unternehmen? Wer ist betroffen?

Betroffen sind vor allem jene heimischen Unternehmen, die aktuell Daten unter Berufung auf die Safe Harbor Bescheinigung an Unternehmen in den USA weitergeben. Durch den Wegfall des Safe Harbor Abkommens ist davon auszugehen, dass für die Zulässigkeit von weiteren Datenweitergaben an diese Unternehmen eine Genehmigung durch die Datenschutzbehörde erforderlich ist.
Insbesondere sind jene Unternehmen intensiv betroffen, die zB Anwendungen in der Cloud in den USA betreiben. Vielfach besteht hier keinerlei Möglichkeit, temporär auf einen Europäischen Anbieter auszuweichen. Viele dieser Datenanwendungen sind tief in die Prozesse der Unternehmen integriert. Es besteht praktisch keine Alternative, als diese Anwendungen weiter zu betreiben, auch wenn dies gesetzwidrig ist.

Welche Perspektiven hat der Datenschutz in Zeiten von Big Data und Digitalisierung?
Durch die zunehmende Vernetzung, Big Data und Digitalisierung von immer mehr Bereichen des täglichen Lebens wird es für den Einzelnen schier unmöglich, den Überblick über die ihn betreffenden digitalen Informationen zu wahren. Daten werden vielfach als das „Öl des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet. Den damit verbundenen wirtschaftlichen Interessen steht das Schutzbedürfnis der Betroffenen gegenüber. Ein modernes Datenschutzrecht soll dafür sorgen, dass der Schutz personenbezogener Daten gewahrt bleibt. Der derzeit vorliegende Entwurf einer Europäischen Datenschutz-Grundverordnung zeigt hierzu viele interessante Ansätze auf. Es bleibt abzuwarten, was davon in der finalen Version übrig bleibt und wie wirksam künftig die Rechte der Betroffenen sowohl innerhalb der EU aber auch im Ausland durchgesetzt werden können.

Wie unterschieden sich die Anforderungen von Unternehmen und Konsumenten und wie können sie angenähert werden?
Qualitativ hochwertige Informationen über Konsumenten stellen für Unternehmen einen erheblichen Wert dar, da sie aufgrund dieser Daten entsprechend zielgerichtet agieren und reagieren können. Aufgrund hoher Datenqualität können Unternehmen ihre Zielgruppen treffsicher ansprechen. Davon können auch die betroffenen Konsumenten profitieren, da sie eben nicht wahllos mit Information „zugemüllt“ werden, sondern entsprechen ihren Interessen und Bedürfnissen angesprochen werden. Die schon im aktuellen Datenschutzrecht verankerten Grundsätze der Zweckbindung, Erforderlichkeit und Sparsamkeit der Verwendung personenbezogener Daten sollen dem Ausgleich der Interessen dienen. Der mündige Konsument sollte selbst entscheiden können, wieviel von seinen persönlichen Informationen er zu welchem Zweck preisgibt. Um diese Entscheidung treffen zu können bedarf es jedoch der entsprechenden Information durch Unternehmen, welche Daten zu welchem Zweck erhoben und weiter verarbeitet werden. Hier gibt es auf beiden Seiten noch Nachholbedarf.


Aktuelle Weiterbildung zum Thema IT-Recht finden Sie auf www.confare.at

Mittwoch, 26. August 2015

"Die IT Industrie hat keine Antworten auf die komplexen Fragen von heute"


CIO AWARD Preisträger Eric-Jan Kaak über das Managen der Komplexität und die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen

Eric-Jan Kaak, Agiler Coach bei IcoSense, hat als CIO von Blizzard und der Tecnica Gruppe große ERP Projekte geleitet und wurde mit dem Confare CIO AWARD ausgezeichnet. Im Gespräch rät er zu Misstrauen, wenn ERP Hersteller versprechen, die Welt würde mit einem neuen System plötzlich rosarot. Gelegenheit Eric-Jan Kaak persönlich zu erleben bieten seine Keynote Vorträge bei 2 Confare Veranstaltungen im Oktober, dem ERP Infotag am 6. Oktober im Wien Museum und bei #Digitalize 2016 im Wiener Chaya Fuera.

Welche Rolle spielt ERP noch als Kernsystem eines Unternehmens?

Das richtige Wort ist "Kernsystem". Welche Funktion hat ein ERP System im Kern? Es bildet datenmäßig alle Prozesse eines Unternehmens ab.
In Wikipedia wird das beschrieben, was die Softwareindustrie uns seit 25 Jahren versucht unter ERP zu verkaufen: "ERP-Systeme sollten weitgehend alle Geschäftsprozesse abbilden. Eine durchgehende Integration und eine Abkehr von Insellösungen führen zu einem ganzheitlichen ERP-System, in dem Ressourcen unternehmensweit verwaltet werden können. ERP-Systeme verbessern zudem den Kommunikationsfluss im Unternehmen und können im Sinne von E-Collaboration die Zusammenarbeit im Unternehmen effizienter gestalten." 
Ein "ganzheitliches" ERP System, setzt aber auch ganzheitliches Denken und Handeln voraus. Eigenschaften, die man in vielen Unternehmen mit der Lupe suchen muss. 
Ich habe noch kein Unternehmen gesehen, in dem nach der Einführung einer ERP Software plötzlich alle von der Verbesserung der Kommunikationsflüsse gesprochen haben.

Wenn ERP wieder auf das reduziert wird, was es sein sollte, gibt es durchaus noch ein Berechtigungsdasein.
Betriebswirtschaftliche Daten werden in einer Datenbank erfasst. Die Business Logik jedes ERP-Systems ist im Grunde doch folgende: Durchlaufzeit so gering wie möglich - Lagerstand so gering wie möglich. Das kann ein ERP-System berechnen, besser als jeder Mensch. Dazu kommt noch ein ordentliches Stammdatenmanagement (Master Data Management), um die Produkte und Dienstleistungen möglichst effizient und effektiv zum Kunden zu bringen. Für diese Funktionen hat ERP eine wichtige Funktion. Ebenso für die geregelte Welt des Rechnungswesens mit ihren Konsolidierungen und unterschiedlichen Bewertungsmethoden ist ERP durchaus bedeutend.

Alles, was stabil laufen sollte und wenig Veränderungen unterliegt, ist wunderbar geeignet, um von ERP-Systemen "verwaltet" zu werden. Für dynamische Markt- und Businessumgebungen gibt es inzwischen genügend Lösungen in der Cloud.

Wann sollte ein Unternehmen auf die Suche nach einem neuen ERP-System gehen?
Sind die etablierten ERP-Systeme geeignete Werkzeuge, um Unternehmen fit für das Digitale Business zu machen?

Ein Unternehmen sollte sich ständig überlegen, ob die bestehenden Werkzeuge den Herausforderungen des Jetzt und der Zukunft gewachsen sind. Immer und jederzeit.
Das klingt unmöglich, aber es ist an der Zeit, die Bedeutung von ERP anders zu denken. 
ERP-Systeme waren zu einer bestimmten Zeit durchaus eine sinnvolle Lösung, wenn es darum ging, komplizierte Prozesse zu managen.

Um die richtige Funktion eines ERP-Systems zu verstehen, müssen wir zuerst begreifen, wie Systeme - hiermit meine ich die ganzen Wechselwirkungen zwischen Menschen und ihr Umwelt - funktionieren. Man muss einen Unterschied machen zwischen "einfach", "kompliziert", "komplex", "chaotisch" und "Verwirrung", wie es der walisische Forscher und Wissensmanagement-Berater Dave Snowden macht. In seinem Framework - er nennt es "Cynefin", was "Lebensraum" auf walisisch bedeutet - kategorisiert er Problemsituationen und Systeme gemäß ihrer Ordnung und deren Wechselwirkungen und leitet daraus Handlungsmuster ab.

In einfachen Systemen ist die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung für alle offensichtlich und es können bewährte Praktiken ("best practices") angewandt werden. Die Reihenfolge der Handlungen, um mit einfachen Systemen umzugehen ist "beobachten - kategorisieren - reagieren".

Kompliziert bedeutet, dass Ursache und Wirkung eines Ereignisses zwar zeitlich und räumlich voneinander getrennt sind, im Prinzip ist aber der gesamte Verlauf der Aktionskette vorhersehbar: A ergibt immer B. Man braucht Fachwissen, um die Wirkungen zu verstehen, aber mittels der Methodiken "beobachten - analysieren - verstehen" können "good practices" herausgearbeitet werden.

Mithilfe moderner ERP-Systeme ist man durchaus in der Lage, einfache und komplizierte Prozesse abzuwickeln und zur Zufriedenheit des Kunden zu Ende zu führen. Auch andere Standardisierungswerkzeuge, wie z.B. ITIL, PRINCE2, Wasserfall, etc. funktionieren in einem komplizierten Umfeld.
Der Satz "das haben wir immer schon so gemacht" ist in diesem Kontext durchaus treffend.

Im Gegensatz zu komplizierten Systemen ist das Verhalten komplexer Systeme nicht vorhersagbar. Einzelteile eines komplexen Systems können standardisiert (einfach oder kompliziert) ablaufen, aber die Interaktion der einzelnen Teile verursacht eine ständige Veränderung. Dadurch entsteht Komplexität.
Angetrieben durch die Technologien des 21. Jahrhunderts (Social Media - Cloud - Big Data - Mobile) entsteht ein hochdynamisches Umfeld. Die darin befindlichen Systeme können mit den Lösungen der "Good Practices" nicht mehr beherrscht werden. 
In diesem Fall sind Tools, Standardisierung, Regeln, Strukturen oder Prozesse keine hinreichende Antwort, wenn es um Probleme und  Problemlösung geht. Gerade die Methoden, die im Industriezeitalter nützlich waren, versagen: In einem komplexem Umfeld geht es nicht um die Frage, wie ein Problem gelöst wird, sondern wer das tun kann. Deswegen werden erfahrene Menschen bedeutsam. Menschen mit Können und Ideen. Snowden empfiehlt hier die Vorgehensweise "probieren - beobachten - reagieren". Es gibt in Teilen erkennbare Muster und etliche Unbekannte. Komplexe Systemumgebungen brauchen eine Projektmethode, die Lernen zulässt und fördert. Hier sind agile Methoden wie Kanban oder Scrum zu Hause.

In chaotischen Systemen können keine Ursache-Wirkungsbeziehungen identifiziert werden. Eine neue Aufgabe ist in einem neuen Umfeld zu erledigen. Es gibt viele Unbekannte und viele Turbulenzen. Auf identischen Input kann das System mit unterschiedlichen Outputs reagieren, da es sich beständig verändert. Hier muss man Prototypen entwickeln und aus den Erkenntnissen lernen. Kontinuierlich.
Ein gezieltes und gesteuertes Vorgehen ist in chaotischen Systemen nicht möglich, deshalb ist hier der empfohlene Lösungsansatz: "handeln – beobachten – reagieren“.

Wenn Anforderungen und Handlungen überhaupt nicht mehr kompatibel sind, befindet sich das System in einem Zustand der "Verwirrung" - das Management zieht sich dann in ihre Komfortzone zurück ("das haben wir noch nie so gemacht") und es werden Entscheidungen nur aufgrund bestehender Erfahrungen gemacht ("da könnte ja jeder daherkommen") - ohne Rücksicht auf die aktuelle  Situation.

In einem komplexen und chaotischen Umfeld versagen die heutigen ERP-Systeme vollkommen - blöd ist es nur, dass die Anbieter den Anspruch erheben "alles auf Knopfdruck" lösen zu können.

Das heißt, wenn es in Unternehmen Prozesse gibt, die seit Jahren nach dem gleichen reproduzierbaren Muster ablaufen, sind ERP-Systeme durchaus die Lösung. Wenn jedoch Themen wie Skalierbarkeit Richtung Cloud, moderne User-Interfaces, mobile Anbindung des Außendienstes, etc auf den Tisch kommen, dann sollte man darüber nachdenken, bestehende-ERP Systeme zu modernisieren.

Allerdings, wenn es darum geht, in der komplexen Wirtschaftswelt von heute zu überleben, sprich: mit Komplexität umzugehen, ist ein neues ERP-System sicherlich nicht die Antwort. Einfach weil ERP-Systeme auf komplexe Herausforderungen keine Antwort haben.
Niels Pfläging schreibt in seinem Buch "Organisation für Komplexität. Wie Arbeit wieder lebendig wird – und Höchstleistung entsteht " richtig: "Komplexität kann weder gemanagt, noch reduziert werden. Man kann ihr nur mit menschlichem Können begegnen."

Was empfiehlst Du Unternehmen, die aktuell ein neues ERP suchen? Welche Anforderungen sind dabei wichtig?

Man sollte sich zuerst die Frage stellen: "Auf welche Frage ist "Ein neues ERP-System" die Antwort?" Was ist überhaupt das Problem?

Die ERP-Hersteller versprechen seit Jahrzehnten die Lösung aller Businessprobleme, in der die Welt auf Knopfdruck plötzlich rosarot wird.

Unternehmen tappen in die Informationsfalle und glauben, dass die Reporting-Blindheit mit der jahrzehntelangen Pflege von Daten- und Informationssilos plötzlich von einem umfassen, allwissenden Informationssystem abgelöst wird.

In der IT kennen wir alle die Kette: Daten - Information - Wissen - Weisheit. 
Jeder erhofft sich Weisheit aus den ERP-Daten.
Der Weg dorthin ist aber sehr beschwerlich. Mit Daten kann ich folgende Fragen beantworten "Was ist passiert?", da sind die ERP-Daten wesentlich, da sind aber auch die meisten stehen geblieben. 
Wer aber beantwortet folgende Fragen mit den Daten aus dem ERP-System:•Was ist passiert? (Daten)
•Was wird passieren?
•Warum ist das passiert?
•Was passiert gerade?
•Was machen wir jetzt?
•Was bedeutet das für den Kunden? (Weisheit)

Big Data und Internet der Dinge / Industrie 4.0 versprechen uns die Antworten auf die letzte Frage; viele Unternehmen sind aber noch gar nicht so aufgestellt, als dass sie in der Lage wären, die Frage nach der Kundenbedeutung zu beantworten.

Wenn ich als Unternehmen aber nicht in der Lage bin, mich so aufzustellen, dass ich die Anforderungen des 21. Jahrhunderts meistern kann, werde ich das sicherlich mit einem ERP-System auch nicht besser bewältigen.
Die Frage also lautet: Bin ich flexibel genug in meiner Struktur und transparent in meinen Entscheidungswegen, oder bin ich im Grunde noch eine klassische hierarchische Organisation, in der Anforderungen und Strategien von oben nach unten rieseln und Information über das, was am Markt geschieht, gefiltert zurück nach oben getragen werden. Und in der man sich monatlich über Abweichungen vom längst obsoleten Plan unterhält in KPI-Sitzungen, die nie nach dem "Warum machen wir das?", sondern immer nach dem "Wer ist verantwortlich?" fragen.

Softwarelösungen allein lösen nichts. Was digital entsteht, muss analog weiterverfolgt werden und anders herum. Wissen, das in einer Datenbank liegt, ist noch immer keine Expertise. Technische Lösungen können Information unterstützen, sie ersetzen aber nicht Entscheidungen, die zum Wohl des Kunden beitragen sollen.

ERP-Systeme können wunderbare Antworten liefern - sie nehmen die Menschen aber nicht aus der Verantwortung, die richtigen Fragen zu stellen.

Wenn ich bereit bin, die Unternehmensstrukturen und die Unternehmenskultur an die moderne Zeit anzupassen, kann ERP ein winziger Baustein sein. Nicht mehr.

Welche Veränderungen erwartest Du im ERP-Markt? Welche Art von Anbietern haben Zukunft?

Der ERP-Markt wird zu einem Kundenmarkt - künftig wird nicht mehr der bisherige Haus-und-Hof-ERP-Lieferant das Sagen haben, sondern überwiegend die ERP-Anwender. Sucht der Anwender neue Lösungen, sei es für Teilbereiche oder auch für mehr, wird er sich nicht mehr wie bisher ziemlich alternativlos an seinen üblichen ERP-Komplett-Anbieter wenden, sondern sich aktuell am Markt orientieren und frei wählen. Damit ist die Zeit der langjährigen Bindung zum alleinigen ERP-Lieferanten vorbei.

Kunden werden Lösungsanbieter bevorzugen, die ihnen dabei helfen, die komplexen Probleme dieser Zeit zu meistern. So ist die Herausforderung des Autoherstellers nicht mehr, wie er noch sparsamere Automobile entwickeln kann, sondern wie er mit Mobilität im Zeitalter begrenzter Ressourcen und zunehmender Urbanisierung bei gleichzeitiger Digitalisierung umgeht. Sportartikelhersteller müssen ihre Produkte nicht mehr nur pünktlich in die Läden liefern, sondern sich gleichzeitig darüber Gedanken machen, welchen Stellenwert der stationäre Einzelhandel heutzutage überhaupt noch haben kann.

Plötzlich werden die bewährten Geschäftsmodelle (mit den darunter in Beton gegossenen Prozessen im ERP-System) angegriffen und von heute auf morgen abgelöst.

ERP-Systeme und deren Hersteller liefern auf diese existentiellen Fragen zur Zeit nur ungenügende Antworten.
Die Strategie muss heißen:  "Flexibilität" und "Eat Your Own Dogfood" - die Flexibilität, die die Anbieter beim Kunden predigen, müssen sie auch vorleben.
Es werden jene überleben, die den Kunden vom derzeitigen Blindflug in den Sichtflug begleiten.
Bei einzelnen Projekten sollte es darum gehen, die Ziele dem anzupassen, was momentan am sinnvollsten erscheint, und dafür die passenden Mittel auszuwählen, anstatt stur dem nachzurennen, was vor ewigen Zeiten beschlossen wurde.
Und statt das zu tun, was man sich einst vorgenommen hat, oder noch schlimmer, das zu tun, was man nun mal so macht, sollte es um die richtigen Resultate gehen. Nicht das machen, was der Kunde will, sondern das, was der Kunde braucht.

Zudem werden sich auch die Business-Modelle der Anbieter ändern: Mietmodelle werden die Regel werden – modulare und anpassbare Front-Ends lesen Daten aus, die der Kunde wieder verwerten kann. Die Business Logik dazu gibt’s in der Cloud.

Hersteller, die noch immer Monolith-Systeme kaufen, werden vom Markt verschwinden. Früher war ERP die Welt - heute ist es nur ein kleiner Teil dieser komplexen Welt. Nicht unbedeutend - aber die Welt funktioniert auch ohne.

Zu den Vorträgen von Eric-Jan Kaak können Sie hier Details finden, und sich anmelden:
Confare ERP-Infotag 2015, 6. Oktober, Wien Museum, Wien



Bio: Eric-Jan Kaak arbeitet als Senior Agile Coach bei IcoSense – ein IT-Startup Unternehmen in Zell am See. Nach langjähriger Tätigkeit als Controllingleiter und CIO in nationalen und internationalen Unternehmensgruppen, entwickelt und implementiert er nun gemeinsam mit Partnern und Kunden neue Organisations- und Businessmodelle um Firmen fit für die Herausforderungen der Digitalen Gesellschaft zu machen. Für seine Pionierarbeit bei der Einführung von kanban im IT-Umfeld wurde er 2013 mit dem Confare CIO Award ausgezeichnet – IBM bezeichnet  Eric-Jan als einer von weltweit 10 „Wild Ducks“ – Leute, die immer auf der Suche sind nach Neuem, und die  Neugier, Kreativität und Technologie zum Wohle aller miteinander verknüpfen.“