Der Nächtigungszuwachs in Wien ist höher als der Zuwachs im Angebot. Gute Nachrichten für die Hoteliers. Aber davon profitieren nur diejenigen, die sich mit starken USPs positionieren, sich bewusst mit dem Generationenthema auseinander setzen und ihre Hotels den Anforderungen ihrer Zielgruppe gemäß ausrichten. Emotionen sind der Schlüssel zum Herz der Gäste, um den Druck auf die Zimmerrate zu entschärfen. Martina Maly-Gärtner ist Geschäftsführerin bei Michaeler & Partner und hat schon viele Hotelprojekte begleitet. Sie erlebt in vielen Hotelbetrieben den Generationenkonflikt, wenn junge Visionen und Lebenserfahrung auf einander stoßen. Im Interview teilt Maly-Gärtner ihre Markteinschätzung auf Trends und Entwicklungen und gibt Tipps, wo es leider keine Patentrezepte gibt.
Gibt es spannende Trends in Sachen Hotel und Hotelimmobilie,
die Sie am Markt beobachten? Internationale Konzepte die auch in Österreich
interessant wären?
Die Budgethotelerie hat in den letzten Jahren nicht nur
Österreich aber auch ganz Westeuropa erobert. Einen nächsten starken Trend
sehen wir im Bereich "Serviced Apartments". Viele internationale
Betreiber wollen in der DACH Region (Deutschland, Schweiz, Österreich) Fuß
fassen. Diese Entwicklung kommt stark mit dem Trend der Mobilisierung und der
Veränderung der Arbeitswelt. Menschen arbeiten für verschiedenen lange Perioden
an verschiedenen Plätzen, haben zwar Ihre Home Base im Heimatland, aber suchen
auch unter der Woche ein familiäres Umfeld, in dem sie sich wie "zu
Hause" bewegen können.
Um den Hauptbahnhof in Wien entstehen viele Hotelprojekte
und einige gibt es ja schon. Ist diese Konzentration nicht schon etwas zu groß?
Der Standort ist direkt neben dem Hauptbahnhof und in diesem
Stadtentwicklungsgebiet eine A Lage. Ich glaube eher, dass Projekte bzw.
Hotels, die in einer nicht so präferierten Lage sind, einen Nachteil verspüren
werden. Weiters hat man es geschafft, einen sehr guten Mix an Produkten zu
entwickeln. Gesamtheitlich gesehen: Derzeit übersteigt der Nächtigungszuwachs in
Wien noch den Angebotszuwachs. Sofern der Nächtigungszuwachs anhält, der leider
derzeit vor allem jetzt im Sommer durch die Terror und Flüchtlingssituation
etwas eingetrübt ist, anhält, wird es Aufgrund des Rücklaufs der
Neuentwicklungen ab 2018 eine positive Auswirkung auf die Auslastungszahlen
geben. Ein Druck auf die Zimmerrate wird auf jeden Fall bis dahin anhalten.
Die Besetzung von Nischen und die Entwicklung des eigenen
Brands sind ein wichtiger Erfolgsfaktor. Wie schafft man in einem Markt, wo es schon fast alles gibt, noch eine
sinnvolle Differenzierung?
In der Privathotellerie muss man Erlebnisse und somit
Emotionen verkaufen. Die Betriebsführung muss eine ganz klare Vision vorgeben,
die auch vom Betrieb gelebt wird. Diese Vision gilt es gemeinsam zu definieren,
damit jetztendlich alle in dieselbe Richtung schauen! Dabei sind natürlich
wichtige Trends wie die Digitalisierung, Individualisierung, Gesundheit und
Nachhaltigkeit zu beachten. Es sollten auch 2-3 USP's (Unique Selling
Propositions) ausgearbeitet werden, die den Betrieb maßgeblich vom Mitbewerb
unterscheiden. Ein Patentrezept für
eine Positionierung gibt es nicht!
Thema
Generationenwechsel: Wo sind hier die meisten Konfliktpotentiale?
Die junge Generation hat Visionen und würde gerne Neues
umsetzen, die alte Generation kann aber schwer loslassen. Speziell im Bereich
Mitarbeiterführung sowie im Marketing und Vertrieb in einer sehr digitalen Welt
scheiden sich die Geister. Auch stehen oft wenig Reserven größere
Investitionsstaus gegenüber. Das Betrifft vor allem Bereiche der Technik und
Ausstattung. Wer soll hierfür das Risiko übernehmen?
Was sollten
Hoteliers vor jedem Bauprojekt wissen und beachten, damit dabei alles gut geht?
Ganz klar die Produktpositionierung. Erst muss man wissen,
"Wer will ich sein und was kann ich gut?" , "Was hebt mich vom
Mitbewerb ab?" und "Was braucht der Markt/Standort". Danach wird
der Flächenbedarf ermittelt und somit die Investitionskosten der zukünftigen
Profitabilität gegenüber gestellt. Erst wenn hier eine gute Balance entsteht
dem eine ausgewogene Finanzierung zugrunde gelegt werden kann, soll mit der
Umsetzung gestartet werden. Oft wird das Pferd von hinten aufgezäumt und es
wird ohne Grundlagen geplant und gebaut, dann ist es nur leider zu spät. Wichtig
ist, dass jedem m² Fläche ein wirtschaftlicher Nutzen zugeführt wird!
Haben Sie Tipps für Hoteliers in Richtung Mitarbeiterführung
und HR Strategie?
Die neue
Generation tickt auf jeden Fall anders. Sie wollen wenig Hierarchien,
selbst Entscheidungen treffen bzw. in Entscheidungsprozesse involviert werden
und Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Das klingt alles einfach in einer Zeit, in
der man in der Ferienhotellerie extrem schwer lokale, gute Arbeitskräfte finden
kann. Auch hier muss man sich vom Mitbewerb abheben und die guten für sich zu
gewinnen. Gute Mitarbeiterunterkünfte sind fast schon ein MUSS. Ich denke aber
auch, dass dem Arbeitsplatz im Tourismus generell wieder mehr Stellenwert
gegeben werden muss, hier sind die öffentlichen Stellen gefragt.
Martina Maly-Gärtner treffen Sie persönlich bei der Konferenz
Hotel Optimal am 18. Oktober 2016. Mehr Infos unter www.ghezzo.at
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