Mittwoch, 4. Mai 2016

Aktuelle Herausforderungen für Immobilienunternehmen - Ergebnisse des zweiten Ghezzo-Immobilienfachbeirats




Am 19. April 2016 fand der 2. Ghezzo-Immobilienfachbeirat statt. Ziel des Meetings im Palais Hansen Kempinski war es aktuelle Trends in der österreichischen Immobilienwirtschaft zu identifizieren. Es diskutierten leitende Manager, Geschäftsführer und Vorstände österreichischer Immobilienunternehmen  – Projektentwickler, Bauträger, Makler und Immobilien-Manager verfolgen die Immobilie in jeder Phase des Lebenszyklus und teilten an diesem Abend ihre Einschätzungen über die aktuellen Trends und Herausforderungen für die Branche.

Mit dabei waren

  • Ing.-Mag. (FH) Gregor Drexler, Bereichsvorstand Asset Management, CA Immo Deutschland
  • Andreas Holler, B.Sc, Geschäftsführer, BUWOG Group
  • Mag. Dr. Alexander Kopecek, Vorstand, Wien 3420 Aspern Development AG
  • Dr. Andreas Köttl, Vorstand, value one holding AG
  • Dr. Eugen Otto, Otto Immobilien
  • DI Michael Pech, MRICS, Vorstandsmitglied, Österreichisches Siedlungswerk Gemeinnützige Wohnungsaktiengesellschaft
  • Herwig Michael Peham, Leitung Investment und Prokurist, EHL Immobilien GmbH
  • Mag. Wolfgang Scheibenpflug, Geschäftsbereichsleiter Immobilien- und Standortmanagement, Flughafen Wien AG
  • KR Georg Spiegelfeld MRICS, REV, Geschäftsführer, Spiegelfeld Immobilien GmbH
  • Mag. Christian Traunfellner, Leiter Operations Österreich und Leiter Büroimmobilien International, Immofinanz AG
  • MMag. Peter Christian Ulm, Vorsitzender des Vorstandes 6B47 Real Estate Investors AG
  • Mag. Friedrich Wachernig, Vorstandsmitglied, S IMMO AG
Schon das Eingangsstatement von Peter Ulm – CEO der 6B47 Real Estate Investors bringt eine gute Übersicht der aktuellen Trends und Herausforderungen. Deutschland ist der ganze klare Fokus der österreichischen Immobilienunternehmen, besonders attraktiv sind die Chancen in Berlin. Was aber viele Projektentwicklungen behindert, sind die extrem hohen Grundstückspreise. Andererseits ist es ein guter Zeitpunkt Immobilien zu verkaufen, da viel Liquidität und wenig Angebot sehr gute Preise garantieren. Doch könnte diese Liquidität auch ein Ende finden – eine Befürchtung die einige Fachbeiräte teilen.
Andreas Holler -  Geschäftsführer in der BUWOG Group – zeigt einen weiteren Faktor auf, der neben den hohen Preisen auf dem Immobilienmarkt, die Kosten bei Projektentwicklungen in die Höhe treibt: die gesetzlichen Normierungen und die langen Genehmigungsprozesse bedeuten immense Kosten. Dabei spielen die Overheads eine wichtige Rolle. Holler weist darauf hin, wie wichtig es für ein stark wachsendes Unternehmen ist, dass sowohl interne Prozesse als auch die Unternehmenskultur entsprechend gepflegt werden.


Für Christian Traunfellner – Leiter Operations Österreich und Büroimmobilien International der Immofinanz AG – steht die Erhöhung der Vermietung der Büroimmobilien im Portfolio im Mittelpunkt. Die Immofinanz konnte diese im laufenden Geschäftsjahr um rund 7% steigern. Dies geschah vor allem durch die Verstärkung dezentraler Leasing-Teams und engere Kooperationen mit lokalen Maklern. Die zukünftig geplante Kooperation mit der CA Immo wird die Immofinanz natürlich auch beschäftigen.
Die Entwicklung der Airport City nach Vorbild von Standorten wie Frankfurt u. Amsterdam Schiphol ist das Ziel von Wolfgang Scheibenpflug - Geschäftsbereichsleiter Immobilien- und Standortmanagement, Flughafen Wien AG. So wird der Office Park 4 geplant und 2017 wird das in Modulbauweise errichtete zweite Hotel am Flughafen Wien eröffnet: das Moxy Hotel - ein Budget-Hotel von Marriott.

Wachstum und Expansionskurs beschäftigen Andreas Köttl – Vorstand der value one holding. Man konzentriert sich auf Wohnbau und temporäres Wohnen. Projekte in Budapest und Den Haag sowie das neue Planungsgebiet zur Erweiterung des VIERTEL ZWEI in Richtung Stadion sind Schwerpunkte. In Deutschland gestaltet sich die Standortsuche auf Grund der teuren Immobilienpreise schwierig. Studentisches Wohnen und temporäre Wohnungsangebote mit Top-Ausstattung und zu hohen Preisen sind Produkte, die entwickelt werden. Qualifiziertes Personal zu finden, steigende Overheadkosten  und das Aufrechterhalten der Unternehmenskultur sind unternehmerische Herausforderungen.
Herwig Michael Peham - Leitung Investment und Prokurist, EHL Immobilien GmbH - ortet einen großen Beratungsbedarf bei den vielen neu auf den Markt drängenden Playern, insbesondere aus dem mittleren und Fernen Osten. Diese Investoren haben die russischen Käufer, die noch vor einigen Jahren eine nicht unbedeutende Rolle am österreichischen Markt gespielt haben, zusehends ersetzt.
Da diese neu auf den Markt kommenden Investoren mangels eigener Strukturen vor Ort sehr häufig die ganze immobilienbezogene Dienstleistungspalette nachfragen und diese gerne auch aus einer Hand beziehen, gewinnt der ganzheitliche Beratungsansatz von EHL immer mehr an Bedeutung. Durch das jüngste EHL-Standbein, das Property Management/Hausverwaltung ist man sehr gut auf diese Entwicklung vorbereitet. Das spiegeln auch die vielen in letzter Zeit gewonnenen Verwaltungsmandate wieder.
Für Eugen Otto – Geschäftsführer und Eigentümer der Otto Immobilien GmbH - Schwerpunkt im Unternehmen, das heuer 60 Jahre besteht, ist es, die Entwicklung der Unternehmenskultur nachhaltig zu fördern, was durch Schulungen sämtlicher Mitarbeiter in „mediativen Kompetenzen“ regelmäßig erfolgt. Aufgrund der massiv gestiegenen Erwartung der Kunden an Markttransparenz wurde der Bereich wissenschaftlicher Research von Marktdaten wesentlich verstärkt. Aufgrund rasch voranschreitender Veränderung aller Segmente in der Immobiliendienstleistung sind neue Konzepte zur Digitalisierung des Marktes erforderlich; neben neuen, leistungsorientierten Honorargrundsätzen wird „Multiple Listing System“ oder der „Online Agent“ Bestandteil der Zukunft des Berufes sein müssen. Mutige Veränderungen und die ehrliche Akzeptanz des qualitativen und quantitativen Wohnungsmangels in der Politik muss herbeigeführt und gewährleistet werden. Ein spannendes Beispiel aus Hamburg: ein hotelähnliches Appartementhaus, das höchste technische und Servicestandards in Sachen Automatisierung und Komfort verwirklicht, erzielt mehr als den doppelten Mietertrag. Eugen Otto erwartet, wie viele seiner Kollegen, dass die Immobilienpreise nicht generell weiter steigen werden sondern nur in Nischensegmenten.


Für Michael Pech  - Vorstandsmitglied des Österreichischen Siedlungswerks Gemeinnützige Wohnungsaktiengesellschaft -  ist die Grundstücksakquise eine der größten Herausforderungen. Was man früher abgelehnt hat, würde man jetzt durchaus in Betracht ziehen. Der Trend geht zu kleineren Wohnungen, da die Haushaltseinkommen stagnieren. Eine Entwicklung wie in London – wo innerstädtisches Wohnen kaum leistbar ist – ist auch in Wien möglich. Auf die Zukunft stellt sich die ÖSW ein, indem diese massiv auf Produktentwicklung setzt und sich bemüht Trends zu antizipieren. Interessantes Entwicklungsgebiet ist die Achse Bratislava – Wien. In Wien selbst ist eine Nachverdichtung im Immobilienbestand kaum möglich, da die mietrechtlichen und bautechnischen Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Gregor Drexler - Bereichsvorstand Asset Management - CA Immo Deutschland entwickelt zur Zeit Büroimmobilien und Wohnungen in Deutschland. Dabei sieht er sich Trends in NY, London und anderen Metropolen an. Wesentlich sind die sich im Bestand befindenden Objekte. Diese müssen ständig verbessert und entwickelt werden. Damit schafft die CA Immo eine Auslastung von 95% ihrer Büroimmobilien. Flächen für neues Arbeiten zu schaffen, ist wichtig. Dabei wird das Immobilienunternehmen auch zum Berater. Der Standort Berlin hat eine enorme Aufwertung hinter sich. Man könnte Parallelen zum Immobilienstandort Wien ziehen. Unternehmerisch gilt es gut qualifizierte Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden u.a. durch Jobrotation.
Laut Alexander Kopecek – Vorstand der Wien 3420 Aspern Development AG – muss das Wachstum
von Wien  in den nächsten Jahren mit größtmöglicher Flexibilität, gelöst werden. Bei einem Zuzug von 43.000 Menschen pro Jahr bräuchte man vier Entwicklungsgebiete wie Aspern.  Viele Flächen sollten durch  Nachverdichtung ermöglicht werden, das wäre infrastrukturschonend für die Kommune. Preiswert und klein, das ist der Trend im Wohnen. Günstige  Betriebskosten sind ein wichtiger Punkt. Eine Überlebensfrage der urbanen Gebiete ist die Ermöglichung von Arbeiten und Wohnen am selben Ort. In der Seestadt zeigen sich interessante Industrie 4.0 Anwendungen, die eine Industrialisierung der Stadt - Urban Manufacturing - möglich machen können, das ist der richtige Weg für die Kommunen Eine interne Herausforderung für die 3420 Aspern Development AG ist, Zukunftstrends und Entwicklung zu realisieren.
Sekundär-Märkte in Deutschland wie Dresden, Leipzig, Magdeburg und Rostock sind für Friedrich Wachernig – Vorstandsmitglied der S IMMO AG – neben Berlin ebenfalls interessant und von Berlin aus gut erreichbar. Auf dem Büromarkt geht es wieder weg vom reinen Großraumbüro hin zu flexibleren Lösungen und Mischformen. Startups sind eine interessante Zielgruppe. Diese wollen etwas komplett anderes. Fahrradstellplätze gewinnen an Bedeutung. Beim Wohnen in Berlin geht der Trend zum Eigentum. Niedrige Zinsen und Flucht ins Beton-Gold stehen dabei einem steigenden Preisniveau gegenüber. Aus dem Hotelsegment möchte sich die S IMMO tendenziell zurückziehen, sofern der Preis stimmt. Der Bestand bringt gute Erlöse, wenn man laufend auch wieder investiert und die Immobilien attraktiv hält. Intern ist die größte Herausforderung gute Mitarbeiter zu finden.
Georg Spiegelfeld ist in Serbien, Österreich und Deutschland tätig. Er sieht das Thema Zuwanderung und den daraus resultierenden Wohnungsmangel als größte Herausforderung für die Immobilienwelt. Leistbares Wohnen ist gefragt.  Geförderte Wohnungen müssen günstiger werden. Eigentumswohnungen müssen günstiger produziert werden. Hier liegt viel Verantwortung bei der Politik. Ebenso was das unsoziale Mietrecht angeht. Für kleine Makler wird es durch Digitalisierung und Internationalisierung schwieriger. Ist das Ende der Großen Liquidität gekommen? Immerhin geht  die Kaufpreisentwicklung immer noch stark nach oben.





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