Montag, 17. Februar 2014

"Nur Online ist nicht genug" - Jugendmarketing in Zeiten der Generation Y

Philipp Ikrath ist Ko-Autor des Buches "Generation Ego" (gemeinsam mit Bernhard Heinzlmeier). Seine Arbeitsschwerpunkte sind Jugendwerteforschung, Jugend und Kultur, Bildung und Arbeitswelt, jugendkulturelle Trends. Er studierte an der Fachhochschule für Marketing und Sales in Wien. In seiner Keynote auf der Confare Jahresveranstaltung „Marketing & Vertrieb 2.0“ am 5. Juni in Wien spricht er über Jugendmarketing, und was man beachten muss, wenn man die Generation Y als Zielgruppe ansprechen möchte. Anmeldung und Details: http://www.confare.at/10357_DE-7210_4._Jahresforum_Marketing...

Was sind die grundlegenden Eigenschaften, die Gemeinsamkeiten der Generation Y?
Welche Perspektiven bieten sich den Jugendlichen? Welche Erwartungen haben in Bezug auf Ihre Lebensumstände?

PI: Obwohl es nicht möglich ist, eine ganze Generation über einen Kamm zu scheren, gibt es doch bestimmte Eigenschaften, die man unter jungen Menschen heute häufiger antrifft als vielleicht noch vor 20 oder 30 Jahren. Wir stellen einen sehr starker Pragmatismus fest, was die Lebensplanung betrifft. Die meisten jungen Menschen haben keine im Wortsinn weltbewegenden Ziele. Dafür sind sie zu abgeklärt. Ihre Wünsche sind vor allem privater Natur: man möchte einen guten Job, Freunde und vielleicht sogar einmal eine eigene Familie. Was dabei auffällt, ist eine latente Unzufriedenheit mit dem jeweiligen Status Quo, die vielfach sogar gerechtfertigt ist, wenn man sich anschaut, wie schwer es junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt haben. Dennoch: wir leben in einer Gesellschaft des Steigerungsspiels, also einer, in der man mit dem Erreichten nie zufrieden sein darf. Immer muss man sich weiterentwickeln, verbessern, neu orientieren. Stehenbleiben und Verharren sind nicht erlaubt. Im Zusammenhang mit dem Berufsleben führt das in etwa dazu, dass häufige Arbeitsplatzwechsel total üblich sind. Mit der Partnerwahl ist das ganz ähnlich. Schließlich warten in den sozialen Netzwerken online und offline oder in den Jobportalen und Partnerbörsen Unmengen an Gelegenheiten, die den Leuten zuraunen: Nimm mich, ich bin viel besser als das, was Du gerade jetzt machst. Eine Erwartungshaltung, die natürlich an der Realität zerschellen muss.

Welche Rolle spielt Konsum?

PI: Konsum ist immens wichtig. es gibt nach wie vor diejenigen, die im Kauf und der Zurschaustellung von teuren Marken etwas über ihren sozialen Status aussagen wollen, das kennt man ja. Gleichzeitig ist das Spiel mit der Distinktion aber auch subtiler geworden. In Jugendszenen ist es schon nicht mehr so einfach, da geht es nicht mehr nur um teuer oder billig. Und sogar die "Konsumkritiker" definieren sich ja inzwischen nicht mehr darüber, dass sie gar nicht, sondern dass sie lediglich anders konsumieren: also Bionade statt Coca-Cola, kleine Fair-Trade-Markenproduzenten statt H&M etc. Dabei spielt natürlich auch der Wille, sich über diesen sogenannten "bewussten" Konsum von der tumben Masse der willenlosen Konsumzombies abzugrenzen, eine ganz wichtige Rolle.

Wie wichtig sind Marken um Jugendliche zu erreichen?

PI: Marken kommt hier natürlich auch eine große Bedeutung zu. Wenn sich Menschen hochgradig über den Konsum definieren, dann wollen sie natürlich mit der Nutzung oder auch dem Boykott bestimmter Marken ihre Lebenseinstellung ausdrücken - zum Beispiel, indem sie dadurch etwas über ihre Gruppenzugehörigkeit aussagen. Nachdem die großen ideologischen Erzählungen der Politik oder Religion für den größten Teil der Jugendlichen kaum mehr eine Rolle spielen, stoßen die Marken mit ihren über die Werbekommunikation vermittelten Werten eben in diese Lücke.

Inwieweit erreicht man diese Zielgruppe mit den klassischen Werbe- und Marketingmitteln?

PI: Das kommt wohl drauf an. Mit Zeitungsanzeigen wird man es schwer haben, aber Fernsehspots nehmen die Leute schon noch wahr. Besonders beliebt ist aber alles, was den Rezipienten einen konkreten Nutzen anbietet. Das können ganz simple Samplingaktionen genau so sein wie Eventsponsoring oder Promotions. Das bleibt dann auch in Erinnerung und wirkt zudem besonders glaubwürdig. Dass man alles nur mehr online machen muss, ist eher ein Wunschtraum der New-Media-Agenturen, in der Realität wollen die Jugendlichen aber nicht, dass Firmen etwa in sozialen Netzwerken besondere Präsenz zeigen, das ist schließlich ein Teil ihrer Privatsphäre. Deswegen nervt sie das eher. Hier ist schon außergewöhnlich viel Kreativität notwendig, um nicht als lästig wahrgenommen zu werden.

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