Judith Denkmayer, Geschäftsführerin von Digital Affairs ist
Social Media Pionier in Österreich, auf Twitter aktiv unter @linzerschnitte und
Referentin auf dem Confare Jahresforum Marketing & Vertrieb 2.0 am 5. Juni
in Wien. Im Gespräch sagt sie uns, warum bestehende CRM Lösungen nicht fit für
das Social Web sind, und wo sie sich weiterentwickeln müssen.
Welche Auswirkungen haben die Sozialen Medien auf die
Kundenbeziehungen?
Mit Social Media ändert sich die Erwartungshaltung von
Kunden an die Unternehmen und auch Institutionen: Kundenservice wird immer mehr
von der Hol- zur Bringschuld. Der Kunde bzw. User wählt den Kanal, über den er
mit dem Unternehmen in Kontakt tritt und stellt Fragen bzw. postet Kommentare
öffentlich. Dies bedeutet für die Unternehmen eine neue Transparenz, weil jeder
die Dialoge mitlesen kann; hinzu kommt eine neue Geschwindigkeit in der
Servicierung. Das fordert von den Unternehmen große Änderungen in ihren
Prozessen, weil sie nun schnell und unbürokratisch und möglicherweise sogar
abteilungsübergreifend zusammenarbeiten müssen!
Nicht zuletzt hat
sich auch die Art und Weise geändert, wie auf Kundenanfragen geantwortet wird,
insbesondere in der Tonalität: Callcenterhandbuch-Phrasendrescherei kommt
definitiv nicht gut an. Alles in allem bedeutet Social Media einen
Kontrollverlust für die Unternehmen; im Gegenzug bekommen sie aber
unmittelbarere, direkte Kontakte, authentisches Feedback und Fragen, die
vielleicht sonst nie gestellt wurden und damit verbundene Business Intelligence
und neue Möglichkeiten für Kommunikation, Marketing und Vertrieb.
Inwieweit sind bestehende CRM Systeme reif, um die
Kundenbeziehungen im Social Web abzubilden?
Die bestehenden CRM Systeme haben – laut unseren Kunden –
nie bis selten die notwendigen Schnittstellen, um Social Media Daten in anderer
Form als CSV Upload abzubilden. Das ist in Sachen individueller Dialog nicht
immer einfach. Allerdings bestätigen viele unserer Kunden uns auch, dass CRM
Systeme/Datenbanken zu den Themen gehören, die sie in den nächsten zwei Jahren
angehen wollen, weil die Systeme komplett veraltet oder eben einfach Stückwerk
sind.
Nicht ganz unbedeutend ist in Sachen CRM natürlich die
Tatsache, dass Social Media und Kundendaten aus anderen Kanälen nicht ohne
weiteres abgeglichen werden dürfen, aus datenschutzrechtlichen Gründen. Die
Social CRM Tools werden immer besser, haben aber eine natürliche Grenze bedingt
durch Datenschutz (Facebook Profile würden sicher den spannendsten Content
hergeben, sind aber standardmäßig nicht öffentlich) oder Plattformen, die gar
keine bzw. keine geeignete API (Programmierschnittstelle) haben wie google+,
Instagram oder foursquare.
Das größte Problem sind wohl die unterschiedlichen
rechtlichen Bedingungen in Bezug auf Social Media Daten und klassischen
Kundendaten, da diese nicht vermischt werden sollten. Noch öfter aber sind das
klassische CRM System und das Social Media CRM System nicht kompatibel. Gerade
in Österreich entscheidet man sich dann oft dafür, gar kein Tool zu nehmen,
weil in unserem KMU-Land gar nicht soviele Menschen permanent über
Dienstleistungen/Produkte reden und daher meist eine Monitoringlösung und ein
Ticketingtool zu reichen scheinen. Eine nicht unbedingt nachhaltige Lösung, da
langfristig Infos verloren gehen oder zuwenig Kundendaten erfasst werden –
dabei wären Email Adressen von einigen wenigen Facebook Fans wichtiger und
wertvoller als noch mehr Facebook Fans.
Wie sehen denn die rechtlichen Rahmenbedingungen aus?
Grundsätzlich sind Daten im Social Web publik, dementsprechend
dürfen sie für ein Monitoring verwendet und ausgewertet werden. (Nutzermeinung
darf verwertet werden/Nutzerbezogene Daten nicht) Wer sich für ein Forum etc.
anmelden muss oder zb. mit jemandem auf Facebook befreundet sein muss, um einen
Inhalt zu sehen, darf diese Daten nicht verwenden.
Allerdings ist es nicht erlaubt, Kunden, die im Monitoring
aufgetaucht sind, plötzlich ohne vorherige Einwilligung (“Weil ja ein
Geschäftverhältnis besteht, hehe!”) via Mail, Facebook Message oder Direct
Message (Twitter) mit Newsletter und Werbung zu beschicken. Oder auch nur
anhand der Social Media Daten die echte Adresse/Telefonnummer der Person
ausfindig zu machen – was aber erlaubt ist: die Person via Social Media - also
zum Beispiel mit dem eigenen Twitteraccount auf Twitter (direkt) anzusprechen.
(“Serviceabsichten berechtigen nicht zum Abgleich von Kundendaten”, “Direkte
Ansprache potentieller Kunden ist nicht zulässig”)
Welche Prognosen hast Du für die Zukunft von Social CRM?
Nach mehreren Jahren, in denen wir unsere
Kommunikationsaktivitäten zunehmend in
“Walled Gardens” transferiert haben, kommt jetzt – wenig überraschend –
die Erkenntnis, dass man dort zwar Touchpoints hat, aber sich viel zu wenig um
die Datenextrahierung gekümmert hat. Insofern ist Social CRM eine logische
Weiterentwicklung in der Social Media Strategie. Es ist eine Rückbesinnung auf
die BWLer-Weisheit, dass ein bestehender Kunde mehr wert ist, als ein Lead.
Das deitailierte und umfangreiche Programm des Confare
Jahresforum Marketing & Vertrieb 2.0 am 5. Juni in Wien findet man hier:
http://www.confare.at/10357_DE-7210_4._Jahresforum_Marketing_Vertrieb_2.0-Einfuehrung.htm
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