Mittwoch, 13. Mai 2015

Learnings aus dem Güssing- Energieautarkie Projekt und wie man wirklich Energie sparen kann

Seit den 90er Jahren hat die Gemeinde Güssing mit dem Thema Erneuerbare Energie und Energieautarkie für Aufsehen gesorgt. Auf der best(and)IMMO wird Richard Zweiler, Geschäftsführer der Güssing Energy Technologies über die Erfahrungen und Learnings daraus erzählen. Im Zuge der Vorbereitung der Konferenz konnte ich Richard ein paar Fragen zu seinen Forschungen und zu seiner Einschätzung zu Themen wie dem Energieeffizienzgesetz und dem Energiesparen stellen. 


Welche Impulse erwartest Du für Wirtschaft und Forschung vom Energieeffizienzgesetz? Die Forschung wird gefordert sein, innovative Technologien weiterzuentwickeln und die Kosten von bestehenden Technologien zu senken. Dies bedarf im Bereich der sehr anwendungsorientierten Forschung aber jeweils eines Unternehmenspartners, welcher diese
Forschungsprojekte kofinanziert und den Technologievorsprung dann entsprechend vermarktet.
Die Wirtschaft wird hauptsächlich aus dem Handel von Effizienzmaßnahmen Profit schöpfen. Es wurde ein Preis von mind. 200 EUR/MWh festgesetzt. Das ist mehr als wir heute für elektrischen Strom (die teuerste Energieform) bezahlen.

Wie kann man bei Gebäuden und im Immobilienbetrieb am schnellsten
Energie und Geld einsparen?`

Es gibt noch immer eine Menge an "Low Hanging Fruits", wenn ein guter Teil des Bestandes Energieverbräuche von mehr als 300 kWh/m²a aufweist. Wenn die obere Geschoßdecke isoliert, die Gebäudehülle gedämmt und die Fenster getauscht werden, amortisiert sich das oft innerhalb weniger Jahre. Ausschlaggebend ist oft auch der Unterschied zwischen Theorie und
Praxis. Der niedrigste, berechnete Wert beim Energieausweis nützt nichts, wenn die Mieter die Eingangstür das ganze Jahr geöffnet haben und die Wärme am Dachgeschoß beim Stiegenhausfenster entweicht. Hier muß man auf die Personen setzen und diese motivieren. Gibt es eine Leitfigur im Gebäude (Hausmeister, Mietervertreter, etc.) und kann dieser eine
Änderung des Nutzerhaltens initiieren? Aber auch bei bereits optimierten Gebäuden gibt es eine Reihe von Maßnahmen, welche den Wert des Gebäudes steigern, den Komfort erhöhen
und wirtschaftlich sind. So wird die kontrollierte Wohnraumlüftung zu einem immer wichtigeren Element.

Was waren die Learnings aus dem Güssing- Energieautarkie Projekt?
Gleich zu Beginn der Krise in Güssing vor fünf Jahren wurden folgende
Maßnahmen definiert, welche bis zum Punkt 5 bereits umgesetzt wurden.
1.) Trennung von Politik & Wirtschaft
2.) Auswahl der richtigen Partner
3.) Einsatz professioneller PR-Methoden
4.) Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung
5.) Erstellen einer langfristigen Strategie
6.) Vermarktung der Marke Güssing

Beim Energiesparen gibt es sehr unterschiedliche Meinungen und Interessen: Wo wird wirklich Energie gespart und was sind eher kosmetische Maßnahmen?
Der Klassiker einer kosmetischen Maßnahme ist "Licht abdrehen". Genauso wie beim Mülltrennen wurden uns hier Verhaltensweisen antrainiert, welche relativ wenig Effekt haben, aber einen guten Teil unserer wertvollen Zeit beanspruchen und dadurch die Lebensqualität vermindern. 

Damit wird zwar unbewusst das Gewissen beruhigt, aber gleichzeitig die Motivation verringert sich für Maßnahmen mit größeren Hebeleffekten einzusetzen. Grundsätzlich muß man aber sehr wohl sagen, dass es beim Energiesparen keine kosmetischen Maßnahmen gibt, denn wenn ich z.Bsp. so konsequent bin den hoffentlich vorhandenen Schalter bei der Steckdosenleiste meines EDV-Arbeitsplatzes immer auszuschalten spare ich mir ca. 50 kWh (0,01 kW Standby Netzteile, usw * 14 Std. *365 Tage) an elektrischer Energie pro Jahr, was so ganz nebenbei 10 EUR/Jahr sind. Und beim derzeitigen Strommix ist es nie kosmetisch, wenn weniger Strom aus AKW und Kohlekraftwerken kommt. Kosmetisch wird es derzeit nur, wenn man es wirtschaftlich betrachtet. 
Im Moment ist es sogar sinnvoll Energie zu verschwenden. Die Investitionskosten von Immobilien steigen im Vergleich zum derzeitigen Zinssatz und der aktuellen Inflation kontinuierlich und die Betriebskosten zahlen sowieso die Mieter. Wenn man dann noch auf den deutschen Trend aufspringen kann, dass man den Mietpreis in "Warm" und "Kalt" anpreist hat man sowieso gewonnen. Der Unterschied wird vom Mieter als gegeben akzeptiert und mittelfristig kann man aus der Spekulation sicher größere Gewinne erwirtschaften. 
Trotzdem wird der Anteil an Personen immer größer, welche nachhaltige Lösungen suchen und bereit sind in ihre Zukunft zu investieren. Wenn dann die Ölpreise wieder normale Werte annehmen wird die Anzahl an "kosmetischen" Maßnahmen auch wieder geringer.

Wie steht es mit erneubaren und alternativen Energiequellen?
Bei der PV haben wir dank der Chinesen die Endverbraucherparität erreicht. Das heißt, wenn ich den Strom, welche meine PV-Anlage produziert zu einem großen Teil selbst konsumieren kann, dann ist es wirtschaftlich eine PV-Anlage zu installieren. Dafür brauche ich nicht einmal eine Förderung! Wind ist mindestens genauso  wirtschaftlich, allerdings scheitert der Einsatz von Kleinwindkraftanlagen an anderen Problemen. Biomasse ist perfekt, die Pelletsbranche ist seit vielen Jahren ein sehr verlässlicher und professioneller Partner. Sogar die Holzvergasung zur Strom und Wärmeproduktion ist mittlerweile Stand der Technik. Das Biomethanregister ist etabliert und so könnte man diese Liste noch lange weiterführen. Es gibt also für Jeden eine Lösung, die sogar heute schon mit "konventionellen Energieträgern" (manche sagen auch "dirty fuels") mithalten können oder besser sind.

Wärmepumpen, Solar, Fernwärme, Erdgas: Wie heizt man am ökologisch
sinnvollsten?

Wärmepumpe = Elektroheizung mit einem Wirkunsgrad von ca. 300% - Strom im Winter wird zu 40% importiert, da könnte auch das eine oder andere Kohlekraftwerk oder AKW dabei sein. Ansonsten aber eine hervorragende Technologie, fast die beste Wahl. Der Trend zur Luftwärmepumpe wäre noch zu diskutieren, sprengt hier aber den Rahmen.

Solar & Heizen ist leider auch ein Paradoxon. Es gibt aber sehr vielversprechende Ansätze wie Saisonspeicher. Das Konzept des Sonnenhauses ist schon ausgereift und kann schon jetzt umgesetzt werden. 
Fernwärme deckt heute schon einen guten Teil Österreichs mit erneuerbarer Energie, hier sind wir glücklicherweise auch einer der führenden Nationen weltweit. 
Erdgas=Putin. Trotzdem ist es vielleicht auch noch die nächsten 20 Jahre die beste Wahl und einem Häuslbauer, der sich das Heizsystem vom Mund absparen muß, kann man nicht zumuten mehr als ein paar Tausend Euro in ein Heizsystem zu investieren, nur damit Österreich seine Kyoto-Ziele erreicht. Sogar bei größeren Verbrauchern kann dies die nächsten Jahre
noch Sinn haben. Und wenn der große Preisumbruch oder die Killerapp in Form eines neuen Heizsystems kommt, dann ist dieser Brennwertkessel auch schnell ausgetauscht.
Ökologisch am sinnvollsten ist also der Anschluß an das lokale Biomassenahwärmenetz oder der Einbau einer feinstaubarmen, dezentralen Feuerung. Schließlich ist Biomasse im Moment noch der beste Saison-Solarspeicher.

Welche Dämmung empfiehlt sich?
Je dicker, desto besser. Bezgl. Bauphysik müßte ich meine ACR-Kollegen befragen. Interessant kann die Sache werden, wenn man Einsparungen verkauft. Das Energieeffizienzgesetz sieht eine jährliche Einsparung von 0,6% vor. Mit einer durchschnittlichen thermischen Sanierungsmaßnahme spart man aber gleich einmal sicher mehr als 50%. Man kann also eine gar nicht unbeträchtliche Anzahl von Zertifikaten verkaufen, die mit 200 EUR/MWh*a gut dotiert sind. Hier gilt wieder einmal: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst."

Was bringt LED wirklich?
Die Investitionskosten sind allmählich soweit gesunken, dass sich annehmbare Amortisationszeiten ergeben. Bei richtiger Auswahl des Leuchtmittels hat man außerdem angenehme Lichtfarben und vor allem ist die Leuchtkraft 100% ab dem Einschalten. Dies ist insbesondere für Beleuchtungen in Bereichen, die per Bewegungsmelder geschaltet werden,
sehr komfortabel.



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